Herzenswunsch-Mobil Die letzten Wünsche sind oft klein

Hannes Kelsch
Anja Walter im Herzenschwunschmobil. Wird ein Gast liegend transportiert, blickt er auf blauen Himmel und weiße Blüten. Foto: Frank Wunderatsch

Das Team „Herzenswunsch-Hospizmobil“ des BRK erfüllt Wünsche schwerstkranker sterbender Menschen. Anja Walter aus Bad Steben leitet das Projekt. Sie erzählt von besonderen Menschen und besonderen Erlebnissen.

 
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Die Wünsche schwerstkranker sterbender Menschen sind oft klein – ein Friedhofsbesuch, ein Kaffeekränzchen –, doch für Angehörige oder Freunde oft trotzdem nicht zu erfüllen, wegen der notwendigen medizinischen Betreuung oder auch aus finanziellen Gründen. Für solche Fälle steht das Team des „Herzenswunsch- Hospizmobils“ des BRK-Kreisverbandes Hof bereit. Seit gut fünf Jahren gibt es dieses Projekt, seit Mai 2023 verfügen die Helferinnen und Helfer dank Spenden von regionalen Unternehmen und Privatpersonen sogar über eigenes Fahrzeug, in dem sie Schwerstkranke zum Wunschort bringen können. Anja Walter aus Bad Steben leitet das Projekt.

Frau Walter, welche Wünsche konnte Ihr Team bisher erfüllen?

Bisher hatten wir insgesamt 38 Einsätze. Wir haben beispielsweise Friedhofsbesuche ermöglicht, die Teilnahme an Beerdigungen, Besuche von Hochzeiten und Geburtstagsfeiern. Ein Patient wünschte sich, beim ersten Geburtstag seines Enkelkindes dabei zu sein zu. Ein Schwerkranker wollte noch einmal seine alte Wohnung sehen. Andere hatten einfach den Wunsch, gemeinsam mit der Familie noch einmal Kaffee zu trinken. Einer kranken Frau haben wir den Besuch bei einer Freundin ermöglicht. Ein Patient wollte ein letztes Mal den Chiemsee sehen, eine andere Wunschfahrt ging ins Zillertal. Der Herzenswunsch eines schwerkranken Vaters war es, an der Schulabschlussfeier seiner jüngsten Tochter teilnehmen.

Ist es schon vorgekommen, dass Ihr Team Wünsche ablehnen musste?

Nein. Absagen gab es bisher nur von Angehörigen oder von den Gästen selbst, wenn sich ihr Zustand zu sehr verschlechterte.

Gäste?

Die Menschen, deren Wunsch wir erfüllen, sind unsere Gäste.

Wer kommt in der Regel mit einem Wunsch auf Sie zu?

Oft melden sich Angehörige oder Mitarbeiter aus der Palliativversorgung und aus Altenheimen.

Wie geht es dann weiter?

Die Anfrage erreicht uns über unsere Internetseite oder telefonisch, daraufhin nehmen wir zeitnah Kontakt auf. Gegebenenfalls meldet sich auch ein Arzt aus unserem Team beim Arzt des Kranken, um die Transportfähigkeit aus medizinischer Sicht zu klären. Der Termin wird abgesprochen, das Einsatzteam wird zusammengestellt. Eine Reihe von Fragen ist zu klären, zum Beispiel: Gibt es vor Ort Barrierefreiheit? Müssen bei einer Veranstaltung, zum Beispiel einem Konzert, das der Patient besuchen will, Eintrittsgelder bezahlt werden? Braucht der Patient Sauerstoffversorgung? Und vieles mehr. Bei einer Wunscherfüllung entstehen für den Gast und seine Angehörigen übrigens keinerlei Kosten, da wir das alles über Spenden finanzieren.

Wie viele ehrenamtliche Wunscherfüller gehören zu Ihrem Team?

30. Etwa zwei Drittel davon sind Frauen und ein Drittel Männer, dazu zwei Ärzte.

Benötigen sie eine spezielle Ausbildung oder Qualifikation?

Unsere Wunscherfüller kommen aus den unterschiedlichsten Berufsgruppen, haben allerdings alle entweder eine Sanitäts- oder eine medizinische Ausbildung. Wir haben auch schon Fortbildungen veranstaltet, mit dem Hospizverein, mit einer Palliativärztin und einem Richter zu Themen wie Patientenvollmacht und Patientenverfügung.

Der Dienst als Wunscherfüller ist bestimmt nicht immer einfach. Was sind das für Menschen, die da mitmachen?

Sehr herzliche, hilfsbereite, einfühlsame und bodenständige Menschen, die bereit sind, sich in ihrer Freizeit ehrenamtlich zu engagieren.

Sie selbst gehören auch zum Team. Warum machen Sie das?

Als Mitglied des Roten Kreuzes helfe ich gerne. Bei dieser Art der Hilfeleistung stelle ich immer wieder fest, dass die Dankbarkeit sehr groß ist. Unsere Gäste genießen die Fahrt trotz ihrer schweren Erkrankung mit allen Sinnen. Das Lächeln eines schwerkranken Menschen am Ende des Tages ist der Motivator schlechthin. Es erfüllt mich immer wieder mit einer großen Dankbarkeit und Demut, wenn ich einen Einsatz fahren kann. Es ist ein unheimlich tolles Gefühl, wenn man sieht, wie man einem Menschen – oft nur mit kleinen Dingen – eine Freude bereiten kann.

Wie kommen die Helferinnen und Helfer mit dem Wissen zurecht, dass der Mensch, den sie begleiten, wohl bald sterben wird?

Viele Teammitglieder haben beruflich mit alten und kranken Personen zu tun und wissen auch, mit dem Thema Sterben umzugehen. Dennoch reden wir immer wieder darüber – dass eben unsere Fahrt der letzte Herzenswunsch sein kann.

Ist es schon vorgekommen, dass Helfer aufgehört haben, weil ihnen die seelische Belastung zu groß war? Oder überwiegt die Freude bei diesen Einsätzen?

Bisher sind alle hoch motiviert und mit Herzblut dabei.

Wer – außer den Wunscherfüllern – beteiligt sich noch den Einsätzen?

Von unserem Team fahren immer zwei bis drei Helfer mit; auch ein Angehöriger, eine Pflegekraft oder ein Betreuer kann sich anschließen.

Gibt es regelmäßige Treffen des Teams?

Ja, wir treffen uns regelmäßig, um Einsätze zu besprechen und uns gegenseitig auszutauschen, aber auch, um zu üben: etwa den Umgang mit dem Fahrzeug, mit der Trage und dem Tragestuhl. Außerdem hat jeder die Möglichkeit, sich nach besonders belastenden Einsätzen zu melden und bei Bedarf sogar über das SBE-Team eine Betreuung oder Aufarbeitung zu erhalten. (SBE: „Stressbearbeitung nach belastenden Ereignissen“.)

Seit Mai 2023 verfügt Ihr Team über ein eigenes Wunschmobil, einen umgerüsteten Rettungswagen. Was gehört zur Ausstattung?

Trage und Tragestuhl, Notfallkoffer, Sauerstoff, Absaugpumpe, Vakuummatratze, Rollboard zum Umlagern, Urinbecher, Steckbecken – früher wohl eher bekannt als „Bettpfanne“ – und Schnabeltasse.

Mit welchen Fahrzeugen wurden die Gäste in den Jahren zuvor transportiert?

Wir werden von unserem BRK-Kreisverband sehr gut unterstützt. Deshalb konnten wir uns in den ersten Jahren stets einen Krankentransportwagen ausleihen, der mit Magnetschildern als Herzenswunsch-Hospizmobil kenntlich gemacht wurde. Bei Bedarf durften wir auch ein Rollstuhl-geeignetes Fahrzeug aus dem Behindertentransport nutzen.

Gibt es ein besonders bewegendes Erlebnis, von dem Sie erzählen wollen?

Eigentlich sind bisher alle Einsätze sehr bewegend und schön gewesen. Dieses Jahr hatten wir ein besonders schönes Erlebnis, als wir einen intensivpflegebedürftigen Papa zur Schulabschlussfeier seiner Tochter brachten und die junge Frau damit überraschen durften.

Gut zu wissen

Spendenkonto
Bayerisches Rotes Kreuz, Kreisverband Hof, Sparkasse Hochfranken, IBAN: DE82 7805 0000 0380 1804 30, Verwendungszweck: Herzenswunschmobil

Internet/Kontaktaufnahme
www.kvhof.brk.de => www.kvhof.brk.de/herzenswunschmobil  

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