Hof Entertainer und Vokal-Akrobaten

Als A-cappella-Gruppe ist der Voice Club bei "Hochfranken singt" ein Exot. Mit Satzgesang und lockerer Show möchte das Ensemble das Publikum überzeugen.

 
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Hof - Juni 2013: Tosender Applaus schallt durch den Park. Die A-cappella-Gruppe Voice Club ist soeben im Haus Theresienstein in Hof aufgetreten. Etwa eineinhalb Jahre ist es her, dass das Ensemble zuletzt auf der Bühne stand. Nun ist er zurück, der Club der starken Stimmen. Und die Hofer können gar nicht genug bekommen von seiner Vokal-Akrobatik und seinen Entertainerqualitäten. "Die Location war proppenvoll. Da hätten überhaupt nicht mehr Menschen reingepasst", berichtet Klaus Rießbeck, Leiter der Gruppe. "Am Schluss hatte ich Tränen in den Augen, weil alle sich so darüber gefreut haben, dass wir zurück sind."

Hochfranken singt

Mit der Aktion "Hochfranken singt - eine Region erklingt" möchte die Frankenpost das Kulturgut des Chorgesangs fördern. Deshalb hat sie alle Chöre von Schwarzenbach am Wald bis Hohenberg an der Eger, von Berg bis Marktredwitz dazu aufgerufen, sich zu bewerben. Aus 40 Einsendungen hat eine Jury die besten ausgewählt. Die Gewinnerchöre dürfen Aufnahmen im Tonstudio machen und sind damit auf einer CD vertreten. Außerdem winken Auftritte beim

"Ersten Hochfränkischen Chorfestival". Es findet statt am 18. November im Festsaal der Freiheitshalle Hof (17 Uhr), am 28. November im Rosenhaltheater Selb (19 Uhr) und am 5. Dezember in der Stadtkirche Münchberg (19 Uhr).

Der Moment, in dem alles begann, liegt elf weitere Jahre zurück, im Jahr 2002. Rießbeck, vorher bereits als Schlagzeuger in Bands wie der erfolgreichen Cover-Gruppe "Pop nach 8" aktiv, hatte seine Ex-Frau dazu ermutigt, mehr zu singen. "Die hatte eine echt tolle Stimme", erinnert er sich. Irgendwann wünschten sich die beiden, auch mehrstimmige Stücke mit Satzgesang wie "The Longest Time" von Billy Joel oder "Only You" von den Flying Pickets gemeinsam umsetzen zu können. "Bekannte von uns kamen als Sänger hinzu", erzählt Klaus Rießbeck. Schließlich war eine achtköpfige Gruppe entstanden. "Es hat alles ziemlich schnell gut geklappt, also sind wir zusammengeblieben." Nach einem kurzen Brainstorming war auch rasch ein Name gefunden: "Irgendwas mit 'Stimme' musste es sein, das es in einem gewissen Umkreis so noch nicht gibt."

Mittlerweile hat der Voice Club nur noch sieben Mitglieder. Im Lauf der Jahre fanden Besetzungswechsel statt. Von 2012 bis Sommer 2013 lag das Ensemble auf Eis. "Ich hatte Verpflichtungen in Bands und schlichtweg keine Zeit. Hinzu kamen persönliche Gründe", erklärt der musikalische Leiter der Gruppe. Diese ging aus der Pause gestärkt hervor - mit einer Besetzung, die bis heute hält: Neben Klaus Rießbeck leihen dem Voice Club Bettina Gemeinhardt, Irene Eidt, Anna Spranger, Ira Kalimanski, Roland Rischawy und Alexander Dittrich ihre Stimmen. Einige von ihnen singen auch in Bands wie Pina Colada, der Frankenpost-Gruppe Druckreif oder dem aus ihr hervorgegangenen Projekt Pulp Fiction.

Was sie zum Mitsingen qualifiziert, ist ihre stimmliche Flexibilität: Das Repertoire nämlich umfasst das gesamte Rock-Pop-Spektrum, mit Schwerpunkt allerdings auf den Nummern der 1960er- und 1970er-Jahre: Beatles und Bee Gees, Bob Marley und Billy Joel, Abba und Frank Sinatra. "Im Grunde ganz bekannte Songs, die man aber noch nicht alle in einer A-cappella-Fassung kennt", erklärt Rießbeck. Manchmal lasse er auch klassische Melodien, etwa Beethovens Vertonung der "Ode an die Freude", einfließen, manchmal ein wenig Swing und manchmal etwas Gospel.

Dass all diese Elemente auf der Bühne zu einem homogenen Ganzen verschmelzen, liegt auch daran, dass die Mitglieder des Voice Clubs gut miteinander befreundet sind. "Immer, wenn wir zusammen proben, haben wir eine Mordsgaudi", erzählt Rießbeck. "Gerade die Frauen sind echte Schätze. Die zicken nie." An seinen Sängerinnen und Sängern schätzt er darüber hinaus besonders, "dass sie alle gute, kräftige Stimmen haben und schnell in den Harmonien drin sind".

Besonders letztere Fähigkeit ist im Voice Club dringend notwendig. Denn Rießbecks ungewöhnliches Proben-Prozedere stellt hohe Anforderungen an die Sänger. Noten gibt es nicht, die Arrangements entstehen im Kopf des musikalischen Leiters. Er hört sich die Originale an, trennt dabei die Stimmen der Instrumente voneinander, überträgt sie auf die menschliche Stimme - und singt bei einer der alle 14 Tage stattfindenden Proben am Hofer Schellenberg jedem seinen Part vor. Der muss dann möglichst schnell im Gedächtnis haften bleiben. Als Gedächtnisstütze dienen nur MP3-Mitschnitte und eine Notiz zur Tonart.

Davon profitieren die Live-Auftritte: "Weil es keine Noten gibt, können wir beim Singen ganz frei sein", erklärt Rießbeck. Auf der Bühne nämlich möchte das Ensemble sein Publikum nicht nur musikalisch unterhalten. Auch ein wenig Show gehört dazu. Die müssen die Musiker nicht einstudieren. "Wir arbeiten dafür jetzt keine riesige Choreografie aus", berichtet der Gründer des Voice-Clubs. "Wir sind einfach immer in Bewegung, reiße dumme Sprüche und beziehen die Leute mit ein."

Damit gelang es dem Voice Club sogar schon, das Publikum der Flying Pickets - jener legendären A-cappella-Gruppe, die mit "Only You" im Jahr 1983 einen Nummer-eins-Hit landete - zu überzeugen. 2008 schafften es die Hofer, das Management der Briten davon zu überzeugen, im Nürnberger Kult-Club "Hirsch" vor deren Auftritt eine halbe Stunde Programm machen zu dürfen. "Der Applaus bei den Flying Pickets war hinterher gar nicht so viel lauter als unserer", erinnert sich Klaus Rießbeck. "Viele Fans sind extra von Hof aus hingefahren, um uns dort zu sehen und zu unterstützen."

Auf viel Zuspruch hofft die Gruppe auch beim "Ersten Hochfränkischen Chorfestival", auf dem sie auftreten darf, weil sie die Jury der Frankenpost-Aktion "Hochfranken singt" von ihrem Können überzeugt hat. Dort nämlich ist der Voice Club ein Exot: Sonst treten nur Chöre auf. Klaus Rießbeck ist zuversichtlich: "Wir sind schon öfter mit Chören aufgetreten", erinnert er sich. Das seien immer schöne Auftritte gewesen. "Deshalb haben wir uns auch für die Aktion beworben", bekennt er. "Weil wir uns einfach dachten, dass das einen Riesenspaß machen wird."

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