Hof Wirbel um die nächtliche Ausgangssperre

Manfred Köhler
Wirbel gibt es in Hof um einen kuriosen Fall währen der nächtlichen Ausgangssperre. Foto: /Frank Wunderatsch

Die nächtliche Ausgangssperre soll private Treffen erschweren. Doch es gibt Ausnahmefälle, in denen einem die Regelungen ziemlich kurios vorkommen können. So ist es einer jungen Frau passiert, die beruflich gegen Mitternacht mit dem Zug in Hof ankam. Ihr Vater durfte sie nicht abholen.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Hof - Um die nächtliche Ausgangssperre – in der Stadt Hof gilt sie schon ab 20.30 Uhr – gibt es diese Woche einigen Wirbel. Die Politik will mit dieser Maßnahme vor allem private Treffen unterbinden oder zumindest stark erschweren. Doch immer wieder kommt es zu Ausnahmefällen, in denen einem die Regelungen ziemlich kurios vorkommen können. So ist es am Wochenende einer jungen Frau aus Hof passiert, die beruflich unterwegs war und erst gegen Mitternacht mit dem Zug am Bahnhof ankam. Weil es schon gar so spät war, hätte sie sich gerne von ihrem Vater abholen lassen, mit dem sie ohnehin in einem gemeinsamem Haushalt lebt.

Das Problem: Während sie wegen ihrer Arbeit einen triftigen Grund hatte, gilt das für ihren Vater nicht. Die junge Frau hatte sich vorab bei der Polizei erkundigt und als Antwort bekommen, dass ihr sie zu Fuß gehen oder sich ein Taxi nehmen solle. Weil ihr er Fußweg um diese Uhrzeit zu unsicher war, nahm sie tatsächlich das Taxi – mit einem fremden Fahrer am Steuer. Warum gibt es für einen solchen Fall keine Ausnahme? Heiko Mettke, Sprecher der Polizeiinspektion Hof, erklärt, welchen Ermessensspielraum die Polizei hat.

Herr Mettke, dass eine junge Frau, die sich unsicher fühlt, um Mitternacht vom Bahnhof aus durch eine ausgestorbene Stadt allein nach Hause laufen soll – wurde die Empfehlung wirklich so erteilt?

Bahnhofsgegenden genießt in vielen Städten den subjektiven Ruf, nachts weniger sicher zu sein. Unsere objektiven Zahlen zeigen, dass man dabei aber nicht von einer unsicheren Gegend sprechen kann, in der man Gefahr läuft, nachts Opfer einer Straftat zu werden. Derzeit sind neben den uniformierten und zivilen Streifen auch Unterstützungskräfte zur Überwachung der Corona-Regeln eingesetzt, die noch einmal einen zusätzlichen Beitrag zur Erhöhung der Sicherheit leisten. Als Familienvater kann ich allerdings die Bedenken, Ängste und Sorgen durchaus nachvollziehen.

Statt zu laufen ist die junge Frau dann mit dem Taxi nach Hause gefahren. Dadurch hatte sie Kontakt mit einem fremden Menschen, dem Taxifahrer. Eigentlich wäre doch die Fahrt mit dem Vater aus Sicht des Infektionsschutzes sicherer gewesen?

Dazu gebe ich zu bedenken, dass Taxen während der Pandemie nur unter strengen Hygieneauflagen betrieben werden dürfen und dadurch das Infektionsrisiko stark reduziert ist.

Ein Vorwurf der jungen Frau ist auch, dass sie vorab unterschiedliche Auskünfte bekommen hatte. Ein bekannter Polizist habe gesagt, dass ihr Vater sie in diesem Fall abholen könne, während ein Anruf bei der Inspektion genau das Gegenteil ergeben habe – sogar mit Strafandrohung.

Der Beamte am Telefon gab auf die Frage, ob der Vater die Tochter abholen dürfe, die derzeit geltenden Regeln wieder. Die unterschiedlichen Aussagen haben mit dem Ermessensspielraum der Polizei zu tun. Hätten die junge Frau und ihr Vater auf eigene Faust gehandelt und wären erwischt worden, hätte der jeweilige Polizist bei der Kontrolle vor Ort nach pflichtgemäßen Ermessen entscheiden müssen, ob die vorgebrachten Gründe stichhaltig genug erscheinen, um von einer Anzeige abzusehen. Diesen Ermessensspielraum hat übrigens auch die Stadt Hof als Verfolgungsbehörde, die letztendlich den Fall aus ihrer Sicht prüfen und über den Erlass eines Bußgeldes entscheiden müsste.

Wie kann es sein, dass die Verordnung so dehnbar ist? Und warum war der Polizist bei Inspektion dann vorab so streng?

Die Verordnung an sich ist eindeutig definiert, und die Ausnahmen sind eng gehalten. Man kann nicht jeden denkbaren Einzelfall vorhersehen und vorab in einer Verordnung berücksichtigen. Deswegen lässt das Ordnungswidrigkeitsrecht einen Spielraum zu, der wichtig ist, um lebensnahe Entscheidungen zu treffen. Der Beamte wurde nach der Rechtslage gefragt und deswegen konnte die Antwort auf die Anfrage der Familie nur lauten, dass der Vater seine Tochter nicht abholen darf, weil es die Ausgangssperre so vorgibt.

Welche Strafe hätte die beiden erwartet, wären sie erwischt worden?

Der Vater hätte nach dem Infektionsschutzgesetz ein Bußgeld von 500 Euro zahlen müssen. Die junge Frau selbst hat wegen ihrer Arbeit eine Ausnahmegenehmigung dafür, um diese Zeit noch unterwegs zu sein.

Das Anliegen der jungen Frau, nachts von ihrem Vater abgeholt werden zu wollen, ist menschlich verständlich. Könnte für solche Fälle, die vielleicht öfter vorkommen und wohl eher keine Pandemietreiber sind, nicht eine Ausnahme in der Verordnung festgelegt werden?

Für die Formulierung des Gesetzestextes ist die Polizei nicht zuständig. Der Versuch, sämtliche Konstellationen, die zu einer Ausnahme führen, in der Verordnung zu definieren, würde den Rahmen sprengen. Deswegen kommt mit dem Ermessensspielraum der Beamten die menschliche Komponente ins Spiel. Ich bin mir sicher, dass unsere Kollegen bei ihrer Prüfung die lebensnahen Umstände berücksichtigt und in diesem konkreten Fall eher von einer Ahndung abgesehen hätten – übrigens, wie er mir persönlich bestätigt hat, auch der Kollege am Telefon.

Das Gespräch führte Manfred Köhler

Bilder