Rehau/New York - Eigentlich ist alles wieder gut. Dabei ist nichts gut. Krieg ist in der Welt, noch mehr Krieg. Religiös motiviert und fanatisch auf allen Seiten. Und seit damals: ein maßloses Misstrauen unter den Völkern. Mir selbst geht es gut. Mein Verhältnis zur schlaflosen Stadt New York ist ein sehnsüchtiges, weil ich schon zwei Jahre nicht mehr dort sein konnte. 2009 habe ich vier Monate in New York gewohnt und eine zappelige, quirlige Stadt erlebt. Die oberflächlichen Wunden des 11. Septembers bekommen ihre Narbensalbe mit der Errichtung der Gedenkstätte am Ground Zero an diesem Wochenende. Tief innen drin ist Schaden entstanden, sind Menschen und Dinge unwiederbringlich verschwunden und haben Lücken mit verschiedenen Umrissen hinterlassen. Als ich nach den Monaten in New York im Oktober 2001 wieder nach Deutschland zurückgekommen war, musste ich sehr oft Auskunft geben, berichten, was kaum auszudrücken war: die Erlebnisse des Tages, der allen in den Händen zerfiel, der von Angst und Verwirrung gezeichnet war. Ein paar gute Gedichte von Nikki Moustaki, Wiszlawa Szimborska und anderen schreiben das Gedächtnis fort. Ich habe nur zwei Texte zu meinem Erleben des 11. Septembers geschrieben. Beide sind veröffentlicht und haben andere Autoren angeregt. Der beeindruckende Roman "Incendiary" von Chris Cleaver und der atemberaubende Text "Extremely Loud and Incredibly Close" von Jonathan Safran Foer haben mir im Nachhinein "erzählt", was passiert war, denn ich hatte es wohl irgendwie verdrängt. Aus zu großer Nähe ließ sich das alles nicht betrachten, fassen. Mein bester Freund Malte ist nach New York gereist, um an diesem Wochenende dort zu sein. Er möchte die Eröffnung der Gedenkstätte miterleben. Zusammen sind wir 2001 durch die Stadt geirrt, haben uns wie verloren durch die Straßen bewegt. Für den 11. September 2011 haben wir uns vorgenommen, einander anzurufen. Ich werde in Wien sein, er in New York. Natürlich will die Angst aufkommen, dass wieder etwas passiert in der Welt, ein Terroranschlag, von dem man direkt oder indirekt betroffen ist. Aber in Angst will ich nicht leben. Und das ist eine Entscheidung.