Hof Verweilinsel wird zur Piss-Ecke

Kräuterschnaps und Bier: Manch einer möchte auf der Verweilinsel vor der Boutique "Klamotte" nicht ohne verweilen. Foto: Schwappacher

Der Ruheplatz am Schultor ist mehrmals Ziel eines Wildpinklers geworden. Nun muss ihn der Bauhof reinigen. Einer der Entwickler der Inseln kritisiert die Stadt scharf.

 
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Hof - Es ist ein spätsommerlicher Dienstag. Die Blumen auf der Verweilinsel in der Hofer Ludwigstraße wiegen sich im Wind. In der einen Ecke macht es sich eine Mutter mit Kopftuch mit ihren Kindern bequem, in der anderen ein Paar, dazwischen rastet ein älterer Herr mit Gehstock. Wenige Meter weiter liegt ein leeres Fläschchen Kräuterschnaps. Ein Zeichen dafür, dass es hier nicht immer so idyllisch zugeht wie jetzt in der Mittagssonne. Immer wieder machen Trunkenbolde von sich reden, die auf den Verweilinseln pöbeln - oder auf den Palettenmöbeln ihrem Harndrang nachgeben.

Auf der größten Verweilinsel, die sich am Schultor vor der Boutique "Klamotte" befindet, ist das sogar mehrmals passiert. Das berichtet Stadtsprecher Rainer Krauß auf Nachfrage der Frankenpost. Deshalb ergreift die Stadt nun vorläufige Maßnahmen: "Die Inseln werden vor Ort wiederholt durch den Bauhof gereinigt und bewegliche Teile bis zur Einlagerung über die Wintermonate am Boden fixiert", heißt es in einem Statement, das Bürgermeister Eberhard Siller am Dienstagnachmittag im Ferienausschuss des Stadtrats verlas. "Wir bedauern die zuletzt feststellbare Entwicklung am Standort vor dem Bekleidungsgeschäft ‚Klamotte‘ außerordentlich. Der kommunale Ordnungsdienst bemüht sich, derartige Vorfälle in Zukunft bestmöglich auszuschließen." Die Ausschussmitglieder nahmen Sillers Ausführungen nach kurzer Diskussion zur Kenntnis (ein Bericht folgt).

Wer sich darauf einlässt, kurz in der Ludwigstraße zu verweilen, bekommt schnell mit, dass nicht jeder Hofer einverstanden ist mit den in der Innenstadt eingerichteten Ruheplätzen. "Hätten sie lieber mal ein paar Bänke mehr aufgestellt statt dieser Dinger", sagt eine Fußgängerin zu ihrer Begleiterin. Ähnliches ist auch in den sozialen Netzwerken und in den Leserbriefen der Frankenpost oft zu lesen. Die Inhaberin des Geschäfts "Klamotte", Karin Hoch, hatte sich in der vergangenen Woche gegenüber unserer Zeitung beschwert: "Diese Holzoptik passt überhaupt nicht in die Ludwigstraße." Und: "Wir haben immer wieder mit Betrunkenen zu tun, die uns vor dem Laden belästigen. Es sind meist die gleichen Personen, die dort Unfug treiben." Ändere sich nichts, wolle sie Hof mit ihrem Geschäft den Rücken kehren.

In den vergangenen Tagen waren nun Gerüchte aufgekommen: Die Stadt wolle sich den Kritikern beugen und die Inseln schnellstmöglich abbauen. In seinem Statement aus dem Ferienausschuss verkündet Bürgermeister Siller das Gegenteil: "Wir betrachten die Verweilinseln, die derzeit an vielen Standorten in Deutschland entstehen, nach wie vor als gute Idee der Werbegemeinschaft und haben diese gerne zur Attraktivierung der Innenstadt aufgegriffen." Die Erprobungsphase laufe noch bis in den Herbst weiter. Während der Wintermonate sollen die Inseln im Bauhof gelagert werden.

Trotz der kritischen Stimmen gebe es Händler, die Interesse an einer Verweilinsel vor ihrem Geschäft angemeldet hätten. "Die Aufenthaltsflächen sollen deshalb in jedem Fall auch im Jahr 2020 zum Einsatz kommen." Eventuell jedoch, unter Berücksichtigung der bisher gesammelten Erfahrungen, in veränderter Form: "So ist an eine Verkleinerung sowie an eine Reduzierung der Höhe gedacht, damit Schaufenster von Einzelhändlern auch von der anderen Straßenseite aus gut erkennbar bleiben." Näheres werde die Stadt mit Werbegemeinschaft und Einzelhandel besprechen.

Auch Stefan Söllner, der die Verweilinseln als einer der Inhaber der "Eventschmiede Hof" mitentwickelt hat, hat über die Zukunft der Ruheplätze die wildesten Gerüchte gehört - und war entsetzt: "Man hat mir mitgeteilt, eine Insel werde jetzt im Bauhof als Brotzeitecke wieder aufgebaut." Danach, vermutet er, wäre seine Kreation kaum mehr zu etwas zu gebrauchen. Die Idee, die Verweilinseln zu modifizieren, findet Söllner akzeptabel. Er hofft allerdings, dass die Stadt den Auftrag dazu seinem Unternehmen erteilen wird und nicht dem Bauhof: "Ich würde behaupten, ich bin der Einzige, der die Verweilinseln überhaupt so abbauen kann, dass es nachher wieder möglich ist, sie originalgetreu wieder aufzubauen." Eine falsch aufgebaute Insel empfände Söllner als Rufschädigung für seine Firma.

Und auch das ärgert ihn: "Allein die Verweilinsel vor der Klamotte hat um die 10 000 Euro gekostet", berichtet er. "Die Stadt ist aber nicht willens oder in der Lage, die Beschmutzung ihres Eigentums zu verhindern. Wo wäre das Problem, eine Überwachungskamera zu installieren? Da stellt sich die Frage, wie mit Steuergeldern umgegangen wird."

Überhaupt seien die Inseln von Anfang an eine "Hau-Ruck-Aktion" gewesen: "Wir mussten der Stadt innerhalb von drei Tagen ein Angebot vorlegen und haben uns den Arsch aufgerissen", berichtet er. Die Händler ausreichend einzubinden, habe man in der Eile versäumt, sich nachher aber umso mehr mit den Verweilinseln gebrüstet. "Der Stadt geht es nur um kurzen Ruhm."

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