Hygiene-Skandal in Kulmbach? Kontrolleure weisen Vorwürfe zurück

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Ein SPD-Politiker beklagt „ekelerregende Zustände“ und greift die Kontrollbehörde an. Die wehrt sich nun. Man habe sofort und konsequent durchgegriffen. Auch das Landratsamt Kulmbach verteidigt sich.

 
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Kulmbach - Hat die Kontrollbehörde in Hinblick auf Hygienemängel in einer Kulmbacher Mälzerei versagt ? Einen derartigen Vorwurf hat am Donnerstag der Fraktionsvorsitzende der bayerischen SPD, Florian von Brunn, in den Raum gestellt und eine schriftliche Anfrage an die bayerische Staatsregierung gerichtet: „Ich will wissen, warum die Kontrolleure hier so zahm waren. Es muss auch geklärt werden, ob durch die Arbeit in komplett verschimmelten Räumen nicht die Gesundheit von Mitarbeitern in unverantwortlicher Weise gefährdet wurde.“

Genauso wie die Verbraucherschutzorganisation Foodwatch sprach von Brunn von „ekelerregenden Zuständen“. Auf Foto-Aufnahmen, die zuvor an die Öffentlichkeit gelangt waren, sind in Räumen des traditionsreichen Unternehmens, in denen Getreide zu Malz verarbeitet werde, verrostete Rohrleitungen, schwarzer Schimmel an Wänden und Decken zu sehen.

Der Inhaber der Mälzerei räumte auf Anfrage unserer Zeitung Versäumnisse ein. Diese seien aber „Schnee von gestern“. Man habe die Mängel nach entsprechenden Hinweisen behoben. In Hinblick auf die Fotos erklärte er, darauf seien Nebenräume der Mälzerei zu sehen, die nicht in die „aktuelle Produktion eingebunden“ sind.

Am späten Nachmittag hat sich nun die Kontrollbehörde für Lebensmittelsicherheit und Veterinärwesen (KBLV) schriftlich zu Wort gemeldet. Nach Angaben der in Kulmbach beheimateten Behörde habe man den Betrieb Anfang Februar kontrolliert und dabei in Teilbereichen Schimmelbefall an Wänden und Decken festgestellt. Die Mängel seien so erheblich gewesen, dass man die betroffenen Betriebsbereiche per Sofortvollzug gesperrt und unter der Androhung eines hohen Zwangsgeldes verfügt habe, „dass die Produktion erst wiederaufgenommen werden darf, wenn vom Betrieb alle Maßnahmen zur Wiederherstellung hygienischer Produktionszustände getroffen und behördlich abgenommen wurden“.

Laut KBLV habe man zudem angeordnet, dass das Malz nicht als Lebensmittel in Verkehr gebracht werden dürfe.

Doch warum hat die Behörde die von ihr selbst als „erheblich“ beschriebenen Mängel nicht öffentlich gemacht ? Nach Ansicht der Kontrolleure gab es dafür keine gesetzliche Handhabe: „Sämtliches im relevanten Zeitraum produzierte Malz befand sich noch in der Mälzerei. Schon deshalb, weil eine Veröffentlichung von Verstößen produktbezogen zu erfolgen hat.“ Zudem handle es sich bei dem Malz um ein Zwischenprodukt, das an Brauereien und nicht an Endverbraucher ausgeliefert werde. Das Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch ziele jedoch darauf ab, dem Verbraucher fundierte Kauf- und Konsumentscheidungen zu ermöglichen. Eine Veröffentlichung eines Verstoßes unter Nennung der Mälzerei und des Malzes hätte in diesem Fall deshalb keine Beeinflussung der Verbraucherentscheidung zur Folge, findet die KBLV.

Mittlerweile hat die Behörde Teile der Produktion wieder freigegeben. „Weitere Bereiche sind noch gesperrt und können erst nach einer behördlichen Kontrolle durch die KBLV wieder freigegeben werden. Es obliegt dem Betrieb, wann er die entsprechenden Maßnahmen abschließt“, so die Kontrolleure.

Die KBLV ist seit dem 1. März 2020 die für den Betrieb zuständige Lebensmittelkontrollbehörde. Vorher war nach den gesetzlichen Vorgaben das Landratsamt Kulmbach zuständig. Dieses hatte zuletzt einen Monat vor Übergang der Zuständigkeit eine Betriebskontrolle durchgeführt durch zwei fachkundige Lebensmittelkontrolleure. Bei den Kontrollbeamten habe es sich jeweils um ausgebildete Brauer und Mälzer mit abgeschlossenen Studium zum Lebensmittelverarbeitungstechniker gehandelt. Das Landratsamt räumt gegenüber unserer Zeitung ein, dass bei dieser Kontrolle wie bereits einige Monate zuvor „betriebsartspezifische Mängel festgestellt“ worden seien. Die seien aber weit weniger schwerwiegend gewesen als auf den aktuellen Fotos. „Eine Betriebsschließung oder Vernichtung der produzierten Ware kam nach den damaligen Prüfungen nicht in Betracht“, heißt es aus dem Landratsamt.

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