Polizei gerufen
Wenige Tage später: Freitag, 11. Februar. Abermals ist die Wüstenselbitzerin auf dem Parkplatz unterwegs, dieses Mal auf dem Netto-Gelände, weil sie dort ein Päckchen abholen muss. „Da sehe ich den Typen wieder, wie er am Eingang Leute belästigt“, erzählt sie. Carola Schwappacher handelt. Sie warnt die Kunden und ruft: „Nichts geben, das ist ein Betrüger!“ Daraufhin beschimpft der Mann sie und läuft auf sie zu. „Er wollte mir Angst machen.“ Doch die Androhung, die Polizei zu rufen, wirkt auch dieses Mal, der Sammler verschwindet. Später schildern die Kunden den Vorfall der Polizei, die sie verständigt haben.
Die couragierte Kundin hofft, dass es der Polizei gelingt, die Betrüger zu fassen. Bis dahin will sie weitere Vorfälle verhindern: „Die Leute müssen gewarnt werden!“ Nicht nur sie war betroffen, sondern auch drei andere Kunden aus ihrem Bekanntenkreis. Außerdem hat ihre Tochter den Vorfall über Facebook geschildert und als Rückmeldung erhalten, dass es anderen ebenso ergangenen ist.
Ähnlicher Fall in Kulmbach
Was Carola Schwappacher erzählt, ähnelt stark einem Vorfall in Kulmbach, über den unsere Zeitung berichtet hat. Dort war am 8. Februar ein falscher Spendensammler mit Klemmbrett in einem Einkaufsmarkt unterwegs und bat um Geld. Vor Eintreffen der Polizei flüchtete er mit einem schwarzen Audi mit bulgarischer Zulassung. Die Beamten konnten den Wagen aber anhalten. Der Mann muss sich nun wegen des Verdachts des Betrugs verantworten.
Das Problem für die Münchberger Polizei besteht laut Jörg Urban darin, zum richtigen Zeitpunkt vor Ort zu sein. Der Leiter der Inspektion bittet die Kunden deshalb, die Polizei zu alarmieren, ohne es dem Sammler vorher anzudrohen. So habe man eine Chance, Trickbetrüger rechtzeitig zu erwischen.
Daran sei man sehr interessiert, so Urban, da diese Klientel noch weitere Straftaten begangen haben könnte. Der Polizeichef schildert die rechtliche Lage: Wenn Spendensammler auf dem Parkplatz oder im Geschäft Kunden ansprechen, befinden sie sich auf Privatgrund. Anmelden müssen sie ihre Aktion nicht.
Ist der Marktleiter dagegen, etwa weil sich Kunden belästigt fühlen, kann er von seinem Hausrecht Gebrauch machen und ein Hausverbot erteilen. „Dazu muss er sie aber direkt ansprechen.“ Halten sie sich nicht an das Verbot, kann die Polizei tätig werden, weil es sich dann um Hausfriedensbruch handelt.
Die Beamten können auch prüfen, ob der Sammler falsche Tatsachen vorspiegelt, also in diesem Fall das Geld in Wahrheit nicht für Taubstumme verwenden wird. „Hier wäre ein Betrug zu prüfen“, so Urban. Sollte der Sammler die Kunden bedrängen, indem er ihnen den Weg versperrt oder sie an der Jacke zieht, kommt man laut Polizeichef in den Bereich „Nötigung“. Die Bitte um eine Spende sei jedoch grundsätzlich nicht verboten. Urban rät dennoch zur Vorsicht: Er selbst würde nichts unterschreiben und keine persönlichen Daten herausgeben.
Nicht mehr zu sehen
Aus dem Rewe-Markt ist zu erfahren, dass die Mitarbeiter über die Vorfälle informiert sind und die Augen offen halten. Mehrere Kunden haben sich gemeldet und geschildert, dass der vermeintliche Spendensammler „extrem aufdringlich“ sei. Das Problem: Sobald ihn ein Mitarbeiter ansprechen wolle, flüchte er und sei nicht mehr zu sehen. Das sei schon fast gespenstisch. Die Pressestelle des Netto-Discounters teilt mit, dass es sich um einen Einzelfall gehandelt habe. „Die Situation wurde vor Ort unmittelbar geklärt.“
Carola Schwappacher, die ja noch den zweiten Vorfall vor dem Discounter erlebt hat, findet es dreist, dass der Sammler und seine Kumpane im schwarzen Audi so oft am selben Ort auftauchen. Grundsätzlich sei sie ein Mensch, der hilft. Nun will sie verhindern, dass Leute wie sie mit ihrer guten Tat Betrüger statt Bedürftige unterstützen.