Steigende Sparzinsen als Alternative
Die Deutsche Börse hatte den rückläufigen Trend in ihrer Xetra-Gold-Jahresbilanz Anfang Januar 2024 als "normale Reaktion" von Anlegern auf das Marktumfeld gewertet. Im Dezember war der Goldpreis auf 2135 Dollar beziehungsweise 1950 Euro pro Feinunze (31,1 Gramm) geklettert - und lag damit nur noch knapp unter der Marke von 2000 Euro pro Unze, die Anleger laut Selbsteinschätzung in der Reisebank-Analyse zum Verkauf ihres Goldes verlocken würde.
Zudem habe die Zinswende "kurzfristige Renditemöglichkeiten geschaffen", hatte Michael König, Geschäftsführer der Deutsche Börse Commodities, der Emittentin von Xetra-Gold, Anfang Januar erklärt. Seit die Europäische Zentralbank (EZB) im Sommer 2022 die Phase der Null- und Negativzinsen beendet und die Leitzinsen in der Folge in Serie erhöht hat, sind Tages- und Festgeld für Sparerinnen und Sparer wieder attraktiv geworden. Gold gilt zwar als krisenfest, weil die Menge des Edelmetalls begrenzt ist und Gold so seinen Wert nie ganz verliert. Allerdings gibt es für Gold weder Zinsen noch Dividenden.
Edelmetall als Inflationsschutz
Mancher Bankberater wirbt für Gold im Depot als eine Art zeitlose Währung und Absicherung etwa in Zeiten hoher Geldentwertung. Diejenigen, die Gold zu Anlagezwecken kaufen, nennen in der Reisebank-Umfrage als Motiv tatsächlich an erster Stelle den Schutz vor Inflation (38 Prozent). In den Jahren 2022 und 2023 hatten sich Energie und Lebensmittel infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine sprunghaft verteuert und die Teuerung in Deutschland mit 6,9 Prozent beziehungsweise 5,9 Prozent auf die höchsten Werte seit der Wiedervereinigung getrieben. Das lässt die Kaufkraft schwinden, die Menschen können sich für einen Euro weniger leisten.
"Auch die Generation Z kennt hohe Inflationsraten nun nicht mehr nur aus dem Unterricht, sondern hat die Inflation und ihre Auswirkungen selbst erlebt. Vor diesem Hintergrund erwarben einige von Ihnen in den letzten Jahren zum ersten Mal Gold", erläuterte Studienautor Jens Kleine vom Research Center for Financial Services der Steinbeis-Hochschule. In der Generation der 1995 bis 2010 Geborenen gab es der Analyse zufolge zuletzt deutlich mehr Goldkäufer als bei älteren Befragten.
Die Inflation hat in den vergangenen Monaten nachgelassen, aber Kriege und Krisen stützen die Nachfrage nach Gold ebenso wie die Ungewissheit über den Ausgang wichtiger Wahlen etwa in den USA und die Erwartung sinkender Zinsen. Drei Viertel (75,2 Prozent) der Goldanleger gaben in der Analyse für die Reisebank an, auch weiterhin Edelmetall zu Anlagezwecken erwerben zu wollen. In den Vorgänger-Untersuchungen 2019 (78,1 Prozent) und 2021 (76,6 Prozent) lag dieser Wert allerdings noch etwas höher.
Wer Goldbarren oder Goldmünzen erwerben will, muss derzeit tief in die Tasche greifen: Seit Jahresbeginn bis einschließlich April kletterte der Preis des gelben Edelmetalls bis auf ein Rekordhoch von 2431 Dollar pro Feinunze (31,1 Gramm). Zuletzt waren es immer noch etwa 2300 Dollar (etwa 2140 Euro). Das könnte aber nur eine vorübergehende Preiskorrektur sein, wie Louise Street von der Lobby-Organisation World Gold Council Ende April prognostizierte: "Mit Blick auf die Zukunft ist es wahrscheinlich, dass der Goldpreis im Jahr 2024 viel stärker steigen wird, als wir zu Beginn des Jahres aufgrund der jüngsten Entwicklung erwartet haben."