So!: Frau Folkerts, wie ist das, mal in einem Film zu spielen, der kein Krimi ist?
Ulrike Folkerts: Ja, der Film war das lang ersehnte Geschenk des Senders an mich. Ich habe auch wirklich große Lust, mein schauspielerisches Potenzial auszuleben und andere Rollen neben der „Tatort“-Kommissarin Lena Odenthal zu spielen, und man hat mir versprochen, künftig weitere große 90-Minüter mit mir zu machen.
So!: Man merkt Ihnen an, wie sehr Sie sich freuen...
Folkerts: Ja, ich freue mich wie verrückt. So gerne ich den „Tatort“ auch mache und so toll ich die Drehbücher inzwischen wieder finde, habe ich halt doch eine gewisse Routine. Mit der Lena Odenthal drehe ich mich ein bisschen im Kreis. Bei der Arbeit an der Rolle der Thea in „Ich bin eine Insel“ habe ich gemerkt, dass es eine ganz andere Herangehensweise ist, eine Figur neu zu kreieren, unbekanntes Terrain zu entdecken. Ich habe mich gefragt: Wie tickt die, wie denkt die? Und in diesem Zusammenhang habe ich mir auch neue Fragen zu Lena Odenthal gestellt, um mir die Rolle wieder schmackhafter zu machen, neue Facetten an ihr zu entdecken.
So!: Woran liegt es eigentlich, dass man Sie und manch andere „Tatort“-Stars eher selten in anderen Filmen sieht?
Folkerts: Ehrlich gesagt: Als Schauspieler fragt man sich selber, warum man als Pferd aus dem ARD-Rennstall nur für „Tatorte“ ins Rennen gelassen wird. Offenbar soll man in dieser Schublade bleiben.
So!: Also mussten Sie beim für Sie zuständigen ARD-Sender SWR sehr auf den Putz hauen, damit man Ihnen endlich mal eine andere Rolle gibt?
Folkerts: Ich habe schon immer gesagt: Ihr macht so viele andere Filme, warum darf ich nicht auch mal was anderes machen? Ich kann doch auch mehr. Daraufhin hat man mir vor acht oder zehn Jahren mal was geschrieben, das gefiel mir aber überhaupt nicht, das habe ich abgelehnt. Vor einigen Jahren habe ich die Diskussion wieder aufgenommen, und als ich 2005 den Krimi „Die Leibwächterin“ fürs ZDF gedreht habe, hat der SWR gemerkt, wie wichtig mir das ist.
So!: Und dann wurde „Ich bin eine Insel“ gezielt für Sie geschrieben?
Folkerts: Am Anfang stand erst einmal eine Idee, die sehr kitschig war, aber die Autorin hat daraus diese kleine Geschichte gemacht, die mich sehr berührt hat. Ich habe gleich gedacht: Boah, da gibt es so schöne Sachen drin zu spielen, das mache ich sofort.
So!: Sie selber kommen im „Tatort“ und in der Öffentlichkeit meistens als starke Frau rüber. Was hat Sie denn an der verletzlichen Lehrerin Thea gereizt, die traumatisiert ist, seit ein Schüler bei einem Autounfall starb, bei dem sie am Steuer saß?
Folkerts: Das Facettenreiche. Ich konnte eine Person spielen, die mit ihrer Vergangenheit umgehen muss und die sich der Welt verschließen möchte, aber durch ein Kind, das total hartnäckig ist, aus ihrem Schneckenhaus gelockt wird. Diese
Nuancen zu spielen war toll. Außerdem finde ich das Thema Schuld und die Frage, wie man mit Schuld umgeht, generell spannend.
So!: Machen Sie mit dem „Tatort“ auf absehbare Zeit weiter? Sie sind seit 1989 dabei und dienstälteste Kommissarin, da würde es niemanden wundern, wenn demnächst mal Schluss wäre..
Folkerts: Die Frage ist sicherlich berechtigt, aber von meiner Seite gibt es keine Ambitionen aufzuhören, und auch die Leute vom Sender haben mir signalisiert, dass sie gerne mit mir weiterarbeiten wollen. Plus einen großen Film alle zwei Jahre – das wäre natürlich dufte.
INTERVIEW: CORNELIA WYSTRICHOWSKI