So!: Frau Vonhagen, Sie haben sich mit vier Freundinnen zusammengesetzt und Gespräche über Liebe, Leid und Männer aufgezeichnet. Wie sind diese „Mädchengespräche“, wie Sie sie selbst nennen, zustande gekommen?
Juleska Vonhagen: Als ich die Idee für dieses Buch hatte, habe ich Freundinnen gefragt, ob sie nicht Lust hätten, daran teilzunehmen. Die, die jetzt wirklich dabei sind, waren genau jene, die sofort meinten, so etwas würden sie sehr gerne tun. Ich musste niemanden überreden. Allerdings leben wir alle in unterschiedlichen Städten, so dass wir erst einen Termin vereinbaren mussten. Drei Abende lang haben wir uns dann hier in Berlin getroffen. Ich besorgte Essen und Trinken und dann ging es los.
So!: Das klingt irgendwie nach „Sex and the city“!
Vonhagen: Ja, diese Aussage höre ich häufig. Wenn Frauen reden, wird sofort immer an diese Serie gedacht. Aber unsere Treffen hatten nicht so viel damit gemein. Wir sind echt und wir haben ganz andere Lebensumstände als die Frauen im Fernsehen.
So!: Frau Vonhagen, reden denn Frauen untereinander immer nur über Männer?
Vonhagen: Nein, das tun sie nicht. Aber sie tun es gerne. Wir reden oft und viel über zwischenmenschliche Beziehungen – weil dieses Thema so viel hergibt und man dabei analysieren und rumdoktern kann. Aber wir reden auch über alle anderen Sachen.
So!: Die Mädelsrunde in Ihrem Buch ist sehr gemischt. Die eine ist über beide Ohren verliebt, eine andere noch auf der Suche nach Mr. Right. Alle eint jedoch der Wunsch nach der ganz großen Liebe. Sind Sie typische Mittzwanziger-Mädchen im 21. Jahrhundert?
Vonhagen: Das ist schwierig zu beantworten, weil ich aus diesem Mikrokosmos komme und denke: Na klar sind wir alle so! Aber ich glaube, ganz egal, wer man ist, man kann das Rad des Lebens nicht neu erfinden. Ich denke, jeder durchläuft in seinem Leben immer ähnliche Stationen und dass wir alle, tief in uns drin, ziemlich ähnlich ticken. Daher denke ich, dass man auch aus unseren Geschichten viele Präzedenzfälle ableiten kann.
So!: Nach Charlotte Roches „Feuchtgebiete“ und „Neue deutsche Mädchen“ von Jana Hensel wird Juleska Vonhagen sicher wieder als Beispiel einer neuen Frauengeneration herhalten müssen. Können Sie damit etwas anfangen?
Vonhagen: Nein, das sind Themen, die die Presse anstimmt. Wenn man selbst in einer bestimmten Generation lebt, nimmt man das gar nicht bewusst wahr. In die Schubladen wird man meist von anderen hineingesteckt. Wir sind einfach so wie wir sind und ich kann mich zu keiner Bewegung hinzuordnen und ich wollte mit diesem Buch auch keine Bewegung gründen. Ich wollte einfach nur unterhaltsam abbilden, wie es ist, wenn wir labern.
So!: Während der Lektüre muss man als weiblicher Leser mehrmals mit dem Kopf nicken, weil einem das alles bekannt vorkommt. Ich denke da an den Klassiker: Frau wartet vergeblich auf den Anruf eines Mannes und reimt sich dann Gründe dafür zusammen (Handy kaputt, Akku leer, Nummer verloren ...). Sind Frauen Meister im Verdrängen?
Vonhagen: Ja, schon. Zum Problem wird es, wenn man Freundinnen hat, die einem bei solchen Illusionen noch unterstützen. Dann kommt man am Ende mit der Wirklichkeit gar nicht mehr klar, weil man sich im Kopf ja alles anders zusammengebaut hat. Aber Gott sei Dank gibt es auch Freundinnen, die sind so rational und brachial, dass sie einem die Fakten um die Ohren hauen. Aber wenn Frauen etwas nicht wahrhaben wollen, dann neigen sie oft dazu, sich etwas schönzureden.
So!: Ist „Herzmist“ also ein Buch, das Männer lesen sollten, um zu wissen, was sie mit ganz banalen Reaktion anrichten?
Vonhagen: Ja, auf jeden Fall! Die Geschichten in diesem Buch sind alle wahr. Und die Männer, die sich uns gegenüber so verhalten haben, waren nach der Lektüre ganz erstaunt. Und manche wurden angeregt, das ein oder andere zu überdenken.
So!: Das Buch lebt vor allem von den privaten Bekenntnissen. Eine Freundin wurde 30 Mal von einem Typen betrogen, eine andere flog spontan mit einer Kurzbekanntschaft nach Barcelona. Hat man kein mulmiges Gefühl, so viel preiszugeben?
Vonhagen: Doch, hat man. Die Namen meiner Freundinnen habe ich verändert, aber mein Name steht vorne auf dem Buch drauf. Man liest Interviews mit mir, sieht Fotos. Und ich gebe in „Herzmist“ viel von mir preis. Da habe ich mir mehrmals drüber Gedanken gemacht, ob ich das wirklich will.
So!: Sie erzählen sogar eine Menge aus Ihrem Privatleben. Unter anderem von einem Mann, der Ihnen seit Jahren nicht aus dem Kopf geht. Eine Freundin warnt Sie dann: „Du wirst dich eines Tages dafür hassen, wenn du das alles so in dein Buch packst.“ Ist das so?
Vonhagen: Ich muss ehrlich gestehen, es gab bereits Momente, da wurde mir doch etwas mulmig. In zwei Kapiteln erzähle ich viel über eine Person, der ich das so im Leben noch nie gesagt habe. Und wenn man demjenigen dann gegenübersteht, und man weiß, der hat das gelesen, das ist dann schon nicht so einfach. Man denkt sich, oh mein Gott, was habe ich da bloß gemacht? Aber als ich zu Hause am Rechner saß und diese Aufnahmen unserer Gespräche abgetippt habe, da hatte ich noch das Gefühl, ich schreibe das für mich. Man realisiert kaum, dass das Geschriebene bald jeder lesen kann. Aber ich war einfach zu neugierig. Ich wollte einfach wissen, wie sich das anfühlt. Deswegen konnte ich es nicht lassen.
So!: Haben Sie am Bücherschreiben Geschmack gefunden?
Vonhagen: Unbedingt. Aber wenn ich noch eins schreibe, dann nur ein fiktionales!
Interview: Steffi Wolf
KURZ & KNAPP
Juleska Vonhagen ist 23 Jahre alt, studiert in Berlin Geisteswissenschaften und arbeitet als freie Journalistin und Autorin in der Hauptstadt. „Herzmist“ ist ihr erstes Buch.