Jean-Paul-Tage Eheberatung bei Jean Paul...

Jean Pauls Werke sind aktueller denn je. Foto: picture alliance / dpa/David Ebener

Das Wunsiedler Bürgerforum und der Kulturverein Tröstau erinnern wieder an Wunsiedels Ausnahme-Dichter. Bei den Jean-Paul-Tagen 2024 steht sein Stück „Siebenkäs“ im Mittelpunkt.

 
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Am 21. März 1763 kam Johann Paul Friedrich Richter in Wunsiedel zur Welt. An seinen Geburtstag erinnern wieder die „Jean-Paul-Tage“. Zum 261. Mal nähert sich der Tag, „dass ich und der Frühling zugleich angefangen“, und zum dritten Mal begeht Wunsiedel den Geburtstag seines Dichters durch eine mehrtägige Lesung, veranstaltet vom Bürgerforum Wunsiedel und vom Kunst- und Kulturverein Tröstau. An fünf Tagen lesen 15 Persönlichkeiten aus der Stadt und dem Landkreis Kapitel aus dem Roman „Siebenkäs“, angeführt von Landrat, Bürgermeister, Dekan und Luisenburg-Intendantin.

Andreas Henkel hat die Ausschnitte ausgewählt und wird sie durch eine Moderation verknüpfen. Jede Lesung wird auch für sich ein sinnvolles Ganzes sein, versprechen die Veranstalter.

„Siebenkäs“ behandelt aktuelle Thematik

Andreas Henkel, der bereits „Giannozzo“ und „Flegeljahre“ für die Wunsiedler Jean-Paul-Tage bearbeitet hat, hält den „Siebenkäs“ für den bei weitem zugänglichsten und durch die Thematik „aktuellsten“ von Jean Pauls Romanen: „Wie da die Ehe zweier gutwilliger, aber sehr unterschiedlicher Menschen unter ökonomischem Druck und Alltagsstress, angesichts enttäuschten Erwartungen und unverträglicher Temperamente allmählich zu einer Lebensfalle wird, das ist für die Zeit beispiellos einfühlsam dargestellt, oft aber auch hochkomisch.“Eine irrwitzige Sterbekomödie erlaubt im Roman dem Helden gerade noch ein knappes Entrinnen.

Größter oberfränkischer Regionalroman

Der „Siebenkäs“ ist nicht nur der erste Eheroman der deutschen Literatur, er ist auch der größte oberfränkische Regionalroman. Bayreuth und seine Parklandschaften hat Jean Paul hier zum irdischen Paradies hochstilisiert. So erlebte und empfand er das selbst, wenn er aus Hof zu Freunden herüberwanderte. In Abschiedsstimmung und Todesnähe getaucht ist dagegen die Wanderung der Freunde von Bayreuth nach Töpen am Ende des Romans. Selbstverständlich werden diese regionalen Partien bei den Lesungen ausgiebig einbezogen. Die abschließende fünfte Lesung wird die Bedeutung Jean Pauls für viele moderne Autoren illustrieren.

Die berühmte „Rede des toten Christus vom Weltgebäude herab, dass kein Gott sei“ ist als ein Seitenkapitel dem Siebenkäsroman beigefügt. Jean Paul wollte sich darin die Unmöglichkeit des Atheismus sinnfällig machen, indem er darin Konsequenzen in einer glühenden Endzeitvision ausmalte. Hermann Hesse und Günter Grass, beide begeisterte Jean-Paul-Leser, ließen sich von Jean Paul zu Traumvisionen inspirieren, wie in den letzten beiden Texten zu hören sein wird.

In „Die Rättin“ lässt Günter Grass vor 40 Jahren ausgerechnet von einem Müllgebirge herab das Ende des Menschen verkünden. Mit diesem Text wollen die Veranstalter der diesjährigen Lesewoche ihre Zuhörer wieder in die Gegenwart entlassen. Die Reaktionen werden zeigen, wieweit das Experiment gelingt.

Die Lesungen

Das Programm: 1. Lesung: „Hochzeit in Kuhschnappel – oder: Ein ungleiches Paar“ (Mittwoch, 20. März, 18 Uhr, Fichtelgebirgsmuseum Möbelsaal); 2. Lesung: „Szenen einer Ehe“ - oder: „Zwei immer entferntere Inseln“ (Donnerstag, 21. März (Jean Pauls 261. Geburtstag, Matinee 11.30 Uhr, Gaststätte Zoiglmoos, davor, 11 Uhr, Dichterkrönung am Jean-Paul-Denkmal); 3. Lesung: „Flucht in die Gegenwelt“ – oder: „Bayreuther Traumlandschaft“ (Freitag, 22. März, 19 Uhr, Genussdealer); 4. Lesung: „Knappes Entrinnen“ – oder: „Das Ende aller Not?“(Samstag, 23. März, 19 Uhr, Museumscafé); 5. Lesung: „Endzeitvisionen - Jean Paul und seine Erben Hermann Hesse und Günter Grass“ (Sonntag, 24. März, Matinee 11 Uhr, Genussdealer ).

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