Über die Wichtigkeit der sozialen Arbeit für eine Gesellschaft waren sich die Redner einig. „Frieden, Gerechtigkeit und sozialer Zusammenhalt kommen nicht von selbst“, fasste Rainer Pohl zusammen. Er erinnerte an die Folgen der Pandemie und mahnte angesichts der aktuell 40 globalen Konflikte und vor allem des Krieges in der Ukraine, dass die alte Forderung der Arbeitnehmerbewegung noch immer Gültigkeit habe: „Nie wieder Krieg.“ Die Awo verurteile diesen völkerrechtswidrigen Angriff aufs Schärfste. „Europa muss umfassende humanitäre Hilfe leisten.“ Überhaupt sei Solidarität mit allen Flüchtlingen weltweit notwendig.
Nachmittagsbetreuung wichtig
Dass die in Selb gelebt wird, ging auch aus den Berichten von den Awo-Verwaltungsmitarbeiterinnen Heidi Sailer und Antje Heindl hervor. Vor allem für Kinder aus finanziell schlecht gestellten Elternhäusern sei die Nachmittagsbetreuung mit Hausaufgabenhilfe an den beiden Grundschulen wichtig. Nicht nur das warme Essen, sondern auch die Teilhabe und Unterstützung – nicht zuletzt beim Lernen der deutschen Sprache – kämen den jungen Menschen zugute.
Antje Heindl schilderte die schwierige Situation im Umgang mit den Geflüchteten aus der Ukraine. Es sei gut und richtig, dass die ukrainischen Eltern sofort Deutschkurse absolvieren dürften und ihre Kinder die Schule besuchen. Dass aber auch jüngere Geschwisterkinder betreut werden müssten, habe in keiner Planung Berücksichtigung gefunden.
Unbürokratisch habe die Awo die Betreuung der Kleinsten mit übernommen, damit die älteren Kinder am Sprachunterricht teilnehmen können. Das gehe aber zulasten der Hausaufgabenhilfe und sei keine Dauerlösung. „Die ausführenden Kräfte vor Ort werden zu oft alleine gelassen“, monierte sie.
Verantwortung nach unten durchgereicht
Das sah auch Oberbürgermeister Ulrich Pötsch so: „Seit mindestens 2012 haben wir das Flüchtlingsthema in der Stadt. Und es gibt immer noch keine staatlichen Vorgaben, wie wir damit umgehen sollen. Die Betreuung der Menschen wird nach unten durchgereicht mit der Hoffnung, dass das die Vereine und Ehrenamtlichen vor Ort schon richten.“
Heidi Sailer erklärte, dass die Awo sich nach Kräften bemühe, die Eltern zu unterstützen – ob hiesige oder geflüchtete. Dabei sei ein Lotsen durch den Fördergelderdschungel oft die erste Aufgabe. Wer arm ist, kann Hilfe bekommen; viele wüssten aber nicht, wie und wo. Für die Kinderbetreuung zum Beispiel könne es Hilfen geben etwa von der Arbeitsagentur, aber auch vom Landratsamt oder ganz anderen Stellen.
Was die Awo für die Menschen leiste, sei nicht zu unterschätzen, unterstrich Oberbürgermeister Pötsch. „Es ist so wichtig, dass sich Vereine für die einzelnen Menschen in der Stadt einsetzen; wie wichtig, haben wir in den vergangenen Jahren gesehen.“ Nach zweieinhalb Jahren Pandemie sei deutlich zu sehen, von welch unermesslichem Wert das Angebot der Vereine und Verbände für die Stadt ist. Auch der SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Nürnberger verwies auf die Sprengkraft der aktuellen Krisen für die Gesellschaft. Die Verwerfungen durch Inflation, Krieg, Klimakrise und Pandemie hätten die Kraft, Menschen auseinanderzutreiben. „Aber es ist wichtig, dass unsere Gesellschaft nicht auseinanderfällt.“