Jubiläum in Hof Zulieferpark wächst aus der Trotzphase

Start im November 2003 mit der Grundsteinlegung von Altec: der damalige Wirtschaftsminister Otto Wiesheu (Zweiter von links), daneben der ehemalige stellvertretender Landrat Klaus Adelt und Altec-Chef Pedro Alonso. Heute ist die Nachfolgerfirma pleite. Foto: Archiv

Der Technologiepark Hochfranken ist vor 20 Jahren entstanden. In diesen zwei Jahrzehnten durchlebt der Industriepark auch Krisen. Am Ende der Suche nach neuen Arbeitsplätzen gibt es ein Happy End: Amazon liefert.

 
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Der Park ist ein wenig ein Kind des Trotzes. Als vor über 20 Jahres BMW sich am Ende einer langen Hängepartie für Leipzig und gegen Hof entschied, war das für Bertram Brossardt ein „emotionaler Schlag“ . Der heutige Geschäftsführer der Vereinigung der bayerischen Wirtschaft sollte als Reaktion Plan B an der Saale umsetzen. Etwas aufbauen, was er jetzt als „ein wenig mein Baby“ bezeichnet: den Automobilzuliefer- und Technologiepark Hochfranken. Vor fast exakt 20 Jahren schlossen sich Stadt und Landkreis Hof und die Gemeinde Gattendorf zu einem Zweckverband zusammen, der das Areal bespielen sollte. Wenn BMW nicht kommt, „dann packen wir trotzdem an“, sagt die bayerische Europaministerin Melanie Huml in die Feierrunde im Technologiezentrum.

Flaute in der Krise

Aus dem Kind ist etwas geworden, sogar die schwierige Pubertät hat es durchgemacht und überstanden. Dieser Industriepark ist heute ein 100 Hektar großes Schaubild der Wirtschaftsentwicklung in 20 Jahren. Das Gelände war bereitet, Druckgusshersteller Altec baute darauf, um für Autos Druckgussteile zu fabrizieren. Das Geschäft wurde in der Wirtschaftskrise 2008 und deren Ausläufern schwierig. Es siedelten neue Unternehmen wie Nexans oder BWF an, aber die Zahl der Arbeitsplätze stagnierte bei 600 bis 700 über Jahre hinweg. Das Business in der Autobranche krempelte sich um, Altec-Nachfolger DGH ist pleite, weil er stoisch bei Teilen für Verbrennermotoren blieb. Und wer bringt den ganz großen Umschwung? Der Internetriese Amazon. Die digitale Welt springt für die Industrie in die Bresche. Das ist in Europa so wie Hof-Gattendorf.

Nicht nur Autotechnik

2300 Menschen arbeiten heute dort. Zieht man davon die 1600 Amazon-Leute ab und rechnet die noch 150 Mitarbeitenden bei DGH, denen gekündigt wurde, weg, zeigt sich, dass der Automobilzuliefer- und Technologiepark bis vor Kurzem nur relativ erfolgreich war. Wahr scheint aber auch, dass der Schwenk weg vom scheinbaren Zugpferd Automobil richtig war. Dass die exklusive Förderung für die Sparte im Park wegfiel, kam dem Zweckverband insofern sogar gelegen. Einen Milliarden verdienenden Giganten wie Amazon bei einer Ansiedlung Steuergelder zuzustecken, wäre wohl politisch nicht zu verkaufen gewesen.

Zehn Hektar noch frei

Jetzt sind zwischen Hof und Gattendorf nur noch zehn Hektar frei, die sofort bebaubar sind. „Wöchentliche Gespräche“ führen Klaus-Jochen Weidner, Wirtschaftsförderer der Stadt Hof, und Hermann Seiferth, Geschäftsführer des Parks. Es fahre sich jetzt im Windschatten von Amazon auch etwas schnittiger, sagt Seiferth – „Wenn Amazon sich hier ansiedelt, dann kann muss die Region ihre Stärken haben“.

Vergessen hat man im Park das Auto darüber nicht. Alexander Klotz, Chef von BWF, spricht als Unternehmervertreter bei der Feier von guten Geschäften. Sportliches Beispiel aus dem Portfolio: Wenn die Formel-1-Fahrer von Red Bull oder Ferrari auf Kurven zurasen, müssen die Bremsscheiben mit BWF-Material aus dem Zulieferpark zupacken können.

Markt soll es regeln

Sportlich im Sinne des Wettbewerbs sollte es für Bertram Brossardt auf dem Markt zugehen. Der Festredner und Verbandssprecher meldet Bedenken an, wenn die EU den Verbrenner 2035 de facto abschaffen will. „2026 will man darüber noch mal nachdenken. Ich hoffe, ideologiefrei.“ Die Transformation zu klimafreundlichen Antrieben sei wichtig, aber da gebe es auch noch E-Fuels. „Der Markt entscheidet“, mit dieser Devise soll der Umschwung gelingen. Auch Ministerin Huml sieht das so, man sollte besser auf die Innovationskraft der Wirtschaft setzen, statt staatlich zu dirigieren.

Neue Chancen

Brossardt setzt sich für den Standort in Hof und damit generell für die Industrie ein. Es sei keinem gut bekommen, zu sehr auf Dienstleister zu setzen. Und wenn er an den Zulieferpark denke, denke er auch an die Klimaaktivisten. „Diese Rechtsbrecher sollten daran denken, dass die Industrie nicht die Wurzel des Übels ist, sondern der Kern unseres Wohlstandes“, meint er. Und der Wechsel vom Verbrenner zum E-Auto werde Jobs kosten. Aber er sei nicht hier, nur um den Blues zu verbreiten. Immerhin gehe es dort auch innovativ zu, etwa mit dem autonomen Fahren. „Und da sind wir auch stark.“

Einstweilen plant der Zweckverband weiter. Weidner zufolge habe man weitere 25 Hektar im Blick. Das Problem dabei sei das üblich: Man muss erst mal an das Land herankommen und im Hinterkopf haben, dass man Land mal drei brauche: „Einmal als Ersatz für den Landwirt, einmal für den Naturschutz und einmal für das Unternehmen.“

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