Kinderarmut in Hof Wegweiser zu mehr Teilhabe

Lisbeth Kaupenjohann
Gewusst wo: In Hof sollen Kinder leichter Hilfe erhalten. Foto: picture alliance/dpa

Ein Drittel aller Kinder in Hof wächst in prekären Verhältnissen auf. Hilfen gibt es viele. Und jetzt auch eine Broschüre, die Fachkräfte und Ehrenamtliche besser informiert.

 
Schließen

Diesen Artikel teilen

Hof - Seit Jahren kann man es immer wieder hören und lesen: In Hof gibt es überdurchschnittlich viele Kinder, die in Armut leben. Fast ein Drittel der Jungen und Mädchen sind betroffen. Das bedeutet auch, dass vielen etwas entgeht, das für andere selbstverständlich ist: Urlaubsreisen, Mitgliedschaft in einem Verein, Besuch der Musikschule, von Kino, Theater und anderen Veranstaltungen. Dabei gibt es ein großes Angebot an Hilfen – von der Kostenübernahme für den persönlichen Schulbedarf bis zum Theaterworkshop oder der Aktion Weihnachtszauber.

Doch diese Hilfen müssen beantragt werden, in der Regel von den Eltern. Sie wissen aber oft nicht Bescheid oder scheuen sich davor, um Hilfe zu bitten. Auch Fachkräfte und Ehrenamtliche, die helfen wollen, verlieren mitunter den Überblick über alle Fördertöpfe, Maßnahmen und Hilfen.

Geld bleibt liegen

So kommt es, dass Mittel oft nicht abgerufen werden. Dabei haben grundsätzlich alle Kinder und Jugendliche bis zum 25. Lebensjahr Anspruch auf Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket, wenn sie in einem Haushalt leben, der staatliche Leistungen bezieht wie Kinderzuschlag, Arbeitslosengeld II, Sozialhilfe, Wohngeld, Sozialgeld oder Asylbewerber-Leistungen.

Was tun, damit die Hilfen zu den Kindern kommen? Man müsse die Kräfte bündeln und besser informieren, so waren sich die Verantwortlichen der Stadt sowie vieler sozialer Träger einig – und fanden sich voriges Jahr zusammen zum „Kindergipfel“. Das erste Ergebnis liegt jetzt vor in Form eines 34-seitigen Leitfadens: ein Wegweiser für Fachkräfte und Ehrenamtliche in den Bereichen Schulen, Jugend, Soziales und Sport. Er vermittelt in komprimierter Form eine Übersicht der wichtigsten Leistungen für Bildung und Teilhabe, informiert über Angebote und Ansprechpartner und enthält auch die nötigen Anträge. Er wird in sechs Sprachen und in einer Auflage von 3000 Stück an die zuständigen Stellen verteilt. Man findet ihn auch auf der Webseite der Stadt Hof, inklusive herunterladbaren Anträgen.

Möglichst früh helfen

„Dieser Wegweiser ist nur der erste Schritt“, betont Oberbürgermeisterin Eva Döhla im Rahmen einer Pressekonferenz, in der sie den Wegweiser vorstellt. Den Eltern mehr Geld zur Verfügung zu stellen, sei Aufgabe des Bundes. Doch auch in den Kommunen könne man einiges bewegen. Sie verweist auf die Initiativen, die sich in Hof zu einem Netzwerk zusammengefunden haben. „Unser Ziel ist es, die Entwicklungs- und Bildungschancen von Kindern, die in einem schwierigen Umfeld aufwachsen, zu verbessern und Teilhabemöglichkeiten in unserer Gesellschaft zu erhöhen.“ Notwendige Hilfen müssten so frühzeitig wie nötig und so bald wie möglich einsetzen.

Man müsse weitere Türen öffnen, meint Klaus Wulf, bei der Stadt Hof zuständig für den Unternehmensbereich Schulen, Jugend, Soziales und Sport. Den Verantwortlichen etwa in Schulen und Vereinen eine Gebrauchsanweisung an die Hand geben, mit der sie auf die Familien zugehen können. Der bürokratische Aufwand sei leider hoch, aber der Wegweiser helfe weiter.

Eltern kennen Angebote nicht

Klaus Zeitler, Vorsitzender des Kinderschutzbundes Hof, berichtet von seinen Erfahrungen. Manche Mutter, mancher Vater bezahle etwa eine Klassenfahrt oder eine Vereinsmitgliedschaft des Kindes aus eigener Tasche, obwohl das Geld an allen Ecken und Enden fehle. Von möglichen Hilfen wüssten viele nichts. Von den rund 600 Kindern, die der Kinderschutzbund in Hof betreue, seien etwa 35 Prozent in einem Verein angemeldet, fast ebenso viele würden es gerne sein. Viele seien noch nie im Hofer Zoo gewesen. „Wir müssen die Eltern ermuntern, mit ihren Kindern etwas zu unternehmen – und sie über Fördermöglichkeiten besser informieren!“

Doch wie erreicht man die Betroffenen? Katharina Bunzmann, Fachbereichsleitung Demografie und Migration, möchte Familien, die noch nicht den Weg zu den richtigen Stellen gefunden haben, mehr mobilisieren. „Viele Eltern scheuen sich, Hilfen in Anspruch zu nehmen, weil sie sich ihrer Armut schämen“, meint Thiemo Tratzmüller, Fachbereichsleiter Jugend und Soziales bei der Stadt Hof. „Tun sie es trotzdem, zum Wohl ihrer Kinder“, macht er ihnen Mut. Auch Carolyn Schmitt, Geschäftsführerin im Jobcenter Hof-Stadt, weiß, wie schwer es ist, Eltern zu überzeugen. Das Jobcenter sei eine der Stellen, an denen die meisten regelmäßig vorsprechen. „Wir bleiben dran.“

Noch viel zu tun

Sowohl Klaus Zeitler als auch Manuela Bierbaum, Geschäftsführerin der Diakonie Hochfranken, sehen beim Kita-Einstieg und beim Schuleintritt eine gute Gelegenheit, mit Eltern ins Gespräch zu kommen und auf Hilfe hinzuweisen. An das große Ganze erinnert Sandra Häupler, Bildungskoordinatorin im Fachbereich Demografie und Migration: „Es geht um Hilfen für Kinder und Familien im Alltag, aber auch um die gesellschaftliche und politische Teilhabe. Gut, dass sich die Verwaltung der Stadt Hof so klar positioniert. Es kann noch vieles verbessert werden.“

Das weiß auch Oberbürgermeisterin Döhla. Sie kündet den nächsten Baustein an, mit dem die Akteure des Kindergipfels demnächst punkten wollen: den Kinderpass. Mit ihm soll die Teilnahme an vielen Veranstaltungen möglich werden.

Kontakt: Stadt Hof, Telefon 09281/8151201, E-Mail: wegweiserbut@stadt-hof.de; Info: www.hof.de.

Bilder