Konzert der Hofer Symphoniker Viel Kunst in wenig Ohren

Das siebte Konzert der Hofer Symphoniker ist eines der schillerndsten der bisherigen Spielzeit. Schon deswegen eines, das mehr Zuhörer verdient hätte.

 
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Ein Stuhl allein kann nicht zuhören. Und wer auf keinem sitzt, darf nach dem Konzert der Hofer Symphoniker am Freitag bereuen, dass er auf keinem im Großen Haus der Freiheitshalle Platz genommen hat. Ein großartiges Konzert voller exklusiver Schönheit ist zu hören. Die Stühle in der Mehrheit, deutlich weniger Gäste als gewohnt verlieren sich in der Weite der Halle.

Spekulieren ist erlaubt. Hält das Morden in der Ukraine die Menschen von einem Seelenabend ab, die sich hochschaukelnde Inzidenz in der Region oder die relativ frischen Werke des 20. Jahrhunderts? Gustav Mahler, Richard Strauss und Claude Debussy unter der Leitung des detailliebenden Johannes Wildner - wer dort ist, lauscht und versinkt. Mit dem Tod geht die erste Hälfte eine Freundschaft ein. Mit dem spät im Leben erdachten Adagio der fragmentarischen zehnten Symphonie vererbt Mahler der Welt ein letztes großes Glanzstück, einen sich sacht aufbäumenden Sturm, der droht aber nie wütet, ein Stück, das in seiner ausgefuchsten Tonalität seiner Zeit weit vorausgreift. Es lebt von einer fast unerträglich werdenden Spannung. Eine, die die Sopranistin Kateřina Kněžíková aufzugreifen versteht, wenn sie mit lyrischem Verstand die „Vier letzten Lieder“ von  Richard Strauss singt. Feinsinnige Musik, die die Gedichte von Hesse und Eichendorff feiert, in denen sich der Tod als ein versöhnlicher Freund zeigt. In diesen Tagen kein Motiv, das Konjunktur hat – aber eines von einer Schönheit, in die sich der Geist für Minuten flüchten will und darf.

Zurück im wogenden Leben der Natur beeindrucken die Symphoniker mit Debussys „La Mer“. Vom Glöckchen bis zur Pauke rauschen und raunen die Musiker durch diese maritime Naturbeschreibung. Sie erweist sich unter dem feinen Klang, den Wildner aufzubauen weiß, als mehr als eine symphonische Skizze, wie Debussy der Welt kokett weismachen wollte. Der Dirigent macht einen letzten Satz auf dem Podium und beendet das Konzert mit einem Händeschütteln zwischen den Musikerreihen. Das Publikum klatscht tapfer gegen die Weite des Hauses an, als das Licht sacht heller wird. Die Stühle verwaisen.

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