Kulmbach Hochzeitsfeier mit blutigem Ende

Klaus Rössner

Im Zweifel für den Angeklagten: Das Amtsgericht Kulmbach spricht einen mutmaßlichen Schläger frei. Zu unterschiedlich waren die Aussagen der einzelnen Zeugen.

 
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Kulmbach - Besonders hoch her ging es bei einer Hochzeit in Marktschorgast. Die Stimmung beim Fest im Juli 2018 erreichte schon am frühen Abend den Siedepunkt - allerdings in anderer Hinsicht als landläufig angenommen. In der Gesellschaft kam es zu einer Schlägerei mit vier teils schwer Verletzten. Deshalb musste sich am Freitag ein 35-jähriger Mann aus dem Gemeindebereich Presseck wegen Körperverletzung verantworten. Er soll einer Frau einen Faustschlag versetzt haben, sodass diese zu Boden ging. Der Tatvorwurf erhärtete sich nicht, und so sprach Richterin Sieglinde Tettmann den Beschuldigten frei.

Es war eine rechte Kärrnerarbeit, die da Gericht, Staatsanwaltschaft und Verteidigung zu leisten hatten. Rund viereinhalb Stunden dauerte die Beweisaufnahme, in deren Verlauf neun Zeugen befragt wurden. Mit recht zweifelhaftem Ergebnis: Ihre Aussagen unterschieden sich in wesentlichen Teilen, sodass sie mehr zur Verwirrung beitrugen denn zur Erhellung der Geschehnisse an der "blutigen Feier".

Dabei wurde allerdings auch deutliche Kritik laut an der Ermittlungsarbeit der Polizeiinspektion Stadtsteinach. Die hatte zwei Beteiligte, nämlich das damalige Brautpaar, gemeinsam vernommen und nicht getrennt. So hatte das Gericht Schwierigkeiten, die Aussagen zuzuordnen, und die Eheleute bestritten in Teilen sogar die Darstellung im Protokoll, das sie allerdings unterschrieben hatten. "Schludrig" nannten Staatsanwältin Janina Leinhäupl und Verteidiger Alexander Schmidtgall die Arbeit der Stadtsteinacher Ermittlungsbehörde.

Nicht gut kam auch das Klinikum Kulmbach weg. Einer der Beteiligten, nämlich der Angeklagte selbst, hatte schwere Verletzungen davongetragen, mit denen er sich in der Notaufnahme meldete. Diese wies ihn nach eigenen Aussagen ab, sodass er drei Tage unter Schmerzen auf eine Untersuchung warten musste. Er hatte sich unter anderem einen Jochbein- und ein Nasenbeinbruch zugezogen; er blutete zudem stark im Kopfbereich.

Doch was war passiert? Der genaue Tathergang konnte trotz intensiver und über vier Stunden dauernder Zeugenvernahmen nicht geklärt werden. Zu gegensätzlich waren die Angaben der Involvierten. Klar scheint jedoch, dass ein betrunkener und immer wieder provozierender Gast die Schlägerei auslöste. Der Mann stieß abwertende Bemerkungen aus, wie zum Beispiel Kritik an der Person des Pfarrers, der kein Deutscher sei, sondern ein "Polacke". Seine Sticheleien setzte der 37-jährige arbeitslose Mainleuser fort.

Doch damit nicht genug: Dem Angeklagten versetzte er einen Fausthieb ins Gesicht, sodass dieser zu Boden ging. Doch selbst in dieser Situation ließ der ehemalige Security-Mitarbeiter nicht von ihm ab und traktierte ihn weiter, sodass es bei seinem Opfer zu den geschilderten Frakturen im Gesicht kam. Auch einen anderen Gast attackierte er.

Ungeschoren kam er aber nicht davon: Auch er ging zu Boden und wurde sowohl vom Bräutigam als auch von dessen Angetrauter ins Gesicht getreten - was beide vor Gericht einräumten. Verfahrensgegenständlich waren allerdings all diese Handlungen nicht.

Den Stein ins Rollen gebracht hatte die Schwägerin der Braut, die den Provokateur nach Hause fahren wollte. Die 36-jährige Hauswirtschafterin war im Begriff, in ihren Wagen einzusteigen, als sie der Angeklagte verletzt haben soll. Angeblich hat er sie zwischen Autotür und Rahmen eingeklemmt und ihr mit der Faust ins Gesicht geschlagen, sodass sie mit dem Hinterkopf auf einen Bordstein aufschlug.

Diesen Vorwurf wies der Angeklagte mit den Worten zurück: "Sie lügt." Dessen Verteidiger Alexander Schmidtgall betonte, sein Mandant habe die Frau nicht geschlagen, sondern sei selbst Opfer von Schlägen geworden auf der Hochzeitsfeier im Gemeindehaus Marktschorgast. Dort weilten Teilnehmer aus dem rechten Spektrum. Weil ihm die Gäste suspekt vorkamen, habe er sich hauptsächlich nur mit einem Ehepaar ausgetauscht. Der Mann des Pärchens war später dann aber auch in die Auseinandersetzung involviert und kühlte seinen Frust unter anderem daran, dass er einen geparkten BMW beschädigte.

Aufgrund der widersprechenden Angaben erhärtete sich der Tatvorwurf gegen den angeklagten Berufskraftfahrer nicht. Die "hanebüchenen, unglaubwürdigen Aussagen" veranlassten Staatsanwältin Janina Leinhäupl dazu, auf Freispruch zu plädieren. Hier gelte der Grundsatz: "Im Zweifel für den Angeklagten." Rechtsanwalt Alexander Schmidtgall unterstützte diesen Antrag. Er meinte, einige der Zeugen gehörten auf die Anklagebank, nicht aber sein Mandant. Der sei nicht Täter, sondern Opfer.

Richterin Sieglinde Tettmann sprach den Beschuldigten nach langwieriger Verhandlung schließlich frei.

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