Schein ohne Prüfung: Fahrlehrer entsetzt über "Schwarze Schafe"

Kulmbach - Michael Möschel, Inhaber der Verkehrsakademie in Kulmbach und Ralf Mertel, der Kreisvorsitzende des Fahrlehrerverbands, sind entsetzt, was RTL in seiner Sendung "Extra" aufgedeckt hat. Offenbar kann man bei vielen Fahrschulen die Berechtigung, ein Kleinkraftrad mit 125 Kubik und maximal 15 PS zu fahren, einfach kaufen, ohne dafür auch nur eine einzige Fahrstunde absolviert zu haben. Erschrocken sei er, als er von dieser Praxis erfuhr, sagt Ralf Merkel. Für ihn sind Fahrlehrer, die diese Bescheinigungen ohne jede Leistung einfach verkaufen, nicht nur schwarze Schafe, sondern Verbrecher. "Es ist unverantwortlich, auch gegenüber anderen Verkehrsteilnehmern, so etwas zu tun." Merkel spricht von einer bodenlosen Frechheit: "Solchen Leuten gehört das Handwerk gelegt. Denen muss man die Fahrschullizenz entziehen. Das ist ein kompletter Vertrauensbruch gegenüber allen, die ihren Führerschein richtig machen."

Warum das erst zum Jahresbeginn eingeführte neue Angebot, mit bestimmten Voraussetzungen und einer Schulung ohne Prüfung einen Roller oder ein kleines Motorrad fahren zu dürfen, so gut ankommt, ist schnell erklärt. Die neue Bescheinigung gilt zwar nur in Deutschland. Wer im Ausland damit Roller fährt und erwischt wird, macht sich des Fahrens ohne Führerschein schuldig. Aber wer nur mal eben in die Stadt fahren möchte, um zum Beispiel Brötchen zu holen, der wird sich überlegen, ob er den "richtigen" Führerschein macht und dafür 1500 bis 1700 Euro hinblättert, oder ob er sich für den "Führerschein light" entscheidet, der nur 700 Euro kostet.

Doch man müsse auch wissen, worauf man sich einlässt, machen die beiden Fahrschulexperten aus Kulmbach deutlich. Wer nur fünf Jahre den Autoführerschein hat, sei noch nich so erfahren im Straßenverkehr. Ein Kraftrad sei dann nochmal etwas ganz anders. Hinzu kommt, sagt Michael Möschel: "Ein Kraftrad mit 125 Kubik zu fahren ist nicht ganz einfach. Das ist ein richtig ausgewachsenes Motorrad. Damit kann man richtig schwere Unfälle bauen."

Wenn es jetzt auch noch so gekommen sei, dass Fahrschulen auch noch auf die geringe Ausbildung verzichten und die Bescheinigungen ganz ohne jede Leistungen erstellen, sei das in höchstem Maße unverantwortlich, betont Ralf Merkel. Er vermutet, dass diese schwarzen Schafe mit ihrem betrügerischen Vorgehen aufholen wollen, was sie wegen der Fahrschulschließungen aufgrund der Corona-Pandemie eingebüßt haben. Merkel ist erleichtert, dass Fälle wie sie RTL aufgedeckt hat, im Bereich Kulmbach bislang noch nicht aufgetreten sind. Das soll, wie Michael Möschel betont, auch weiterhin so bleiben. Er appelliert an alle Kollegen: "Lasst uns seriös und sauber bleiben!" Damit sprechen Möschel wie auch Merkel natürlich auch die Tatsache an, dass Zweiradfahrer aus Sicherheitsgründen nicht völlig ohne Schulung in den Verkehr gelassen werden sollten. ist klar: Ohne die nötige Ausbildung und ohne das gute Gefühl, dass ein Fahrschüler sicher am Verkehr teilnehmen kann, läuft in seinem Unternehmen nichts. "Ein ordentlicher Fahrlehrer, der sich seiner Verantwortung bewusst ist, beginnt auch so eine Ausbildung erst einmal mit Grundfahraufgaben auf einem sicheren Gelände. Erst wenn die ok sind, geht es in den Straßenverkehr. Man kann diese Ausbildung, auch wenn wegen der fehlenden Prüfung Sicherheitsbedenken bleiben, seriös machen. Aber was gar nicht geht, ist, wenn diese eigentlich gut gemeinte Lösung auch noch ausgehöhlt wird."