Kulmbach Verfolgter klaut Streifenwagen

Mit einem Großaufgebot jagt die Polizei am Dienstagabend einen Straftäter. Der Mann wird am Ende gefasst. Doch zuvor bringt er die Polizei in eine peinliche Situation.

 
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Kulmbach - Polizisten aus ganz Oberfranken jagen einen Straftäter. Der Mann ist mit einem unterschlagenen Fahrzeug auf der Autobahn unterwegs. Auch ein Hubschrauber der Polizei ist im Einsatz, verfolgt die Fahrt des Mannes aus der Luft und leuchtet schließlich in der Kulmbacher Siedlung den "Showdown" aus. Nach einer filmreifen Verfolgungsjagd, vorbei an Bayreuth und durch den halben Landkreis Kulmbach, endet alles in der Straße Am Rasen in Kulmbach, in unmittelbarer Nähe des Altenheims. Am Ende wird der Mann in der Wohnung einer Freundin festgenommen, mit bloßem Oberkörper abgeführt. Doch zuvor hat er die Polizei, die ihn mit einem so großen Aufgebot verfolgt hatte, in eine mehr als peinliche Situation gebracht. Irgendwie ist es dem 23 Jahre alten Mann aus Sachsen gelungen, in Kulmbach einen Streifenwagen der Bayreuther Polizei zu stehlen. Weit kommt der Mann nicht. Aber auf dem kurzen Weg baut er mit dem Einsatzfahrzeug der Polizei einen Unfall und schafft es, seinen Verfolgern zumindest für einige Zeit erneut zu entkommen.

Zeugen gesucht

Zur Aufklärung der zahlreichen Straftaten, die dem 23-jährigen Mann aus Sachsen nun zur Last gelegt werden, bittet die Polizei um Mithilfe: Verkehrsteilnehmer, die am Dienstagabend auf der Fluchtroute des Mannes auf der A 9, der A 70, der B 85 oder in Kulmbach von dem silbernen Skoda Octavia gefährdet wurden, werden gebeten, sich mit der Kripo Bayreuth unter 0921/5060 in Verbindung zu setzen.

Es ist Dienstagabend, 18.15 Uhr, als eine Streifenbesatzung der Verkehrspolizei Bayreuth einen silberfarbenen Skoda Octavia auf der A 9 ins Visier nimmt. Eine routinemäßige Überprüfung ergibt: Der Skoda ist ein Mietwagen, der längst zurückgebracht sein sollte. Das Mietwagenunternehmen hatte das Fahrzeug zur Fahndung ausgeschrieben. Vorsorglich ruft die Streife noch Unterstützung herbei. Der Plan ist, den Fahrer bei Bayreuth aus dem Verkehr zu ziehen und anzuhalten. Doch als der Fahrer die Polizeikontrolle bemerkt, gibt er Gas und flüchtet mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Norden. In der Nähe der Autobahnausfahrt Himmelkron kommt es zum ersten Unfall während dieser Verfolgungsjagd. Der Skoda streift einen Lastwagen, rast weiter. Kurze Zeit flüchtet der Mann auf der A 9 in Richtung Süden, wechselt dann am Autobahnkreuz auf die A 70 in Richtung Neudrossenfeld, setzt seine rücksichtslose Fahrt fort, während der es noch mehrere "Rempler" geben wird.

Inzwischen hat die Polizei alles aufgeboten, was sie hat. Weitere Streifen werden in den Einsatz beordert, ein Hubschrauber angefordert. Schnell ergibt sich der Verdacht, um wen es sich bei dem Fahrer handeln könnte. Der Mann ist der Polizei kein Unbekannter. Die Möglichkeit, dass der Flüchtige bewaffnet ist, wird nicht ausgeschlossen. Bei Unterbrücklein verlässt der Skoda die Autobahn, rast weiter Richtung Kulmbach. Für kurze Zeit, so heißt es später im Polizeibericht, verlieren die Verfolger den Gesuchten aus den Augen. Dann wird der verlassene Skoda aber recht schnell in der Kulmbacher Siedlung entdeckt. Der Täter hatte das Fahrzeug in einem Hof eines Anwesens in der Breslauer Straße abgestellt und war offensichtlich zu Fuß geflüchtet. Später wird sich herausstellen: Der Mann kennt sich in Kulmbach aus. Sein Ziel ist die Wohnung einer Freundin, in der er sich vor den Verfolgern verstecken will.

Die Polizei setzt ihre Fahndung fort. Die Beamten erhalten Hinweise auf das Fahrzeug und auch auf den Mann, den Zeugen gesehen hatten, als er zu Fuß in der Siedlung unterwegs war. Eine Meldung verschärft die Lage dramatisch. Kurz nach 19 Uhr wird die Polizei verständigt, dass ein Unbekannter in der Tilsiter Straße einen älteren Mann attackiert haben soll, um offenbar an dessen Autoschlüssel und Fahrzeug zu gelangen. Den Fahndern ist sofort klar: Das ist mit hoher Wahrscheinlichkeit der Flüchtige. Die Überprüfung ergibt: Der Mann wollte einem 84 Jahre alten Kulmbacher, der gerade bei seinem Auto stand, den Schlüssel entreißen. Der alte Herr lässt sich das aber nicht gefallen, setzt sich zur Wehr. In der Rangelei stürzt der Senior, verletzt sich leicht. Der Täter lässt sich abschrecken, flüchtet erneut zu Fuß. Ein Zeuge kann den Beamten die Richtung zeigen, in die sich der Gesuchte davongemacht hat. Die Beamten bleiben ihm auf den Fersen, durchsuchen die Straßenzüge in der Siedlung.

Wie es genau dazu kommen kann, dass sich der Flüchtige dann ausgerechnet mit einem Streifenfahrzeug davonmachen kann, dessen Besatzung gerade nach ihm sucht, darüber hüllt sich die Polizei in Schweigen. Sie bestätigt aber später: "Der Mann konnte eine kurze Strecke mit einem von ihm entwendeten Streifenfahrzeug zurücklegen, bevor er damit gegen eine Mauer sowie ein Auto stieß und sogleich davonlief." Die Polizei bleibt dran, bezieht Stellung, als sie einen Hinweis von einem Anwohner erhält, dass der Flüchtige gerade in einem Wohnhaus Am Rasen verschwunden war. Bewohner beobachten "schwer bewaffnete Polizisten in schusssicheren Westen", die sich Am Rasen postieren, Deckung suchen. Das Geschehen ist taghell erleuchtet. Der Hubschrauber der Polizei richtet seine Scheinwerfer auf die Straße in der Siedlung.

Doch alle Bemühungen, der Polizei zu entkommen, scheitern am Ende. Die Beamten dringen in eine Wohnung Am Rasen ein. Um 20.15 Uhr, zwei Stunden nach dem Beginn der spektakulären Flucht, lässt sich der 23-jährige Mann aus Sachsen in der Wohnung seiner Freundin widerstandslos festnehmen. Er wird von Beamten abgeführt. Anwohner beobachten wie er von zwei Beamten zu einem Einsatzfahrzeug gebracht wird: Die Hände auf dem Rücken gefesselt, der Oberkörper nackt, bekleidet nur mit einer schwarzen Hose.

Die Ermittlungen in dieser Sache sind längst nicht abgeschlossen. Gestern wurde der 23-Jährige dem Haftrichter vorgeführt, der Haftbefehl erließ. Der Mann befindet sich inzwischen in einer Justizvollzugsanstalt. Er wird sich wegen einer ganzen Reihe von Straftaten vor einem Gericht verantworten müssen.

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