Welche Rolle spielt dabei der Faktor Zeit?
Heutzutage dauert es recht lange, bis eine Zahlung über das Bankkonto abgewickelt wird. Ob in der Produktion von Gütern oder bei Dienstleistungen – der programmierbare Euro lässt sich fast überall einsetzen. Auch mit Blick auf digitale Wertpapiere. „Wer heute eine Aktie kauft und bezahlt, muss im Schnitt zwei Tage warten, bis alles rechtskonform verbucht ist“, sagt der Volkswirt. Das liege daran, dass die Bezahlung und der Übertrag der Aktie in unterschiedlichen Systemen passieren. Auf Blockchain-Basis lässt sich die komplette Dienstleistung in derselben Infrastruktur abbilden, das heißt sowohl der Übertrag eines Wertpapiers als auch die damit einhergehende Zahlung. Der Übertrag wäre dann sogar in Echtzeit möglich. Die Zahlung geschieht in derselben Sekunde, sie lässt sich dann allerdings auch nicht mehr so einfach rückgängig machen.
Welche Einsatzmöglichkeiten sind noch denkbar?
Für alle möglichen Anwendungsfälle lassen sich ein Prozess oder eine Dienstleistung mit der entsprechenden Bezahlung zusammenbringen. Zu einer digitalisierten und automatisierten Wirtschaft gehört der programmierbare Euro in vielen Bereichen dazu. Bewegt sich in Zukunft ein autonom fahrendes E-Auto auf den Straßen, dann nutzt es vielleicht den programmierbaren Euro überall dort, wo Geld im Spiel ist. Es loggt sich in der Stromladesäule mit dem eigenen Konto ein und sobald getankt ist, wird die digitale Zahlung über eine Blockchain abgewickelt. Der programmierbare Euro ermöglicht darüber hinaus völlig neue Geschäftsmodelle.
Wo macht uns der programmierbare Euro das Leben leichter?
Dazu passt das Beispiel eines Unternehmens, das einen Traktor vermietet. Die Vermietung ist gekoppelt an ein Pay-per-Use-Modell, also eine nutzungsbasierte Abrechnung. Je nachdem, wie lange der Traktor vom Mieter genutzt, welche Arbeit damit verrichtet und ob der Traktor richtig gewartet wurde, wird am Ende die Gebühr errechnet und gezahlt. Das ist für den Mieter flexibler und womöglich günstiger als eine monatliche Rate. Und es ist effizienter, weil die Rechnung nicht über eine herkömmliche Banküberweisung beglichen wird.
Wie wichtig sind bei der Entwicklung die EZB und die Banken?
Der digitale Euro, an dem die EZB arbeitet, wird kaum vor dem Jahr 2026 kommen, glaubt Jonas Groß. „Mit dem programmierbaren Euro ist es ein bisschen anders.“ Es lohnt sich dabei wohl nicht, jetzt auf die EZB zu warten, heißt es in der Studie.
Einerseits steht heute noch nicht fest, auf welcher technologischen Basis der digitale Euro der EZB entwickelt wird, geschweige denn, ob er überhaupt eingeführt wird. Andererseits ist es so, dass die Industrie vor dem Hintergrund der zunehmenden Automatisierung und Digitalisierung jetzt oder in absehbarer Zeit Lösungen braucht. Deswegen ist bei der Entwicklung des programmierbaren Euro der Privatsektor gefragt.
Eine Bank wäre durchaus in der Lage dazu, einen solchen programmierbaren Euro auszugeben, das muss nicht die EZB sein. Die Banken werden eine wichtige Rolle spielen – beim digitalen Euro und womöglich auch bei dem programmierbaren Euro.
Bringt der programmierbare Euro weitere Vorteile?
Es sind damit auch Mikro- oder Nano-Zahlungen möglich. Das heißt, es werden Zahlungen von Beträgen kleiner als ein Cent ermöglicht. Heutige Systeme können das nicht effizient abbilden, erklärt Groß. Auf dem Bankkonto ist die kleinste Einheit ein Cent. Im Moment wäre es zu teuer für die Banken, kleinere Einheiten anzubieten.