Hof - Lyrik ist keine leichte Kost und keine einfache Sache. Das räumte die Schriftstellerin Lioba Happel bei einer Veranstaltung von Pro Hof in der Galerie im Theresienstein des Kunstvereins ein. Man könne Gedichte nie auf Anhieb verstehen, sagte die gebürtige Unterfränkin, die sich im vergangenen Jahr bei der Wahl eines neuen Wohnorts pro Hof entschied. Den Besuchern ihrer Lesung empfahl sie, ihre Texte so anzuhören, wie sie ein abstraktes Gemälde ansehen. "Hin und wieder", kündigte sie an, "fliegt ein Satz vorüber, von dem eine Stimmung, eine Färbung bei Ihnen bleibt."

So war es. Vom "federleichten Abgang eines Ungeheuers" sprach die Autorin und poetisierte so ihren Bericht zur Wetterlage: "Schnee fällt." Ihre Hoffnung auf Frühlings Erwachen verband sie mit der Mitteilung: "Der März zieht in den Unterleibskorsetten an den Schnüren." Mal fiel zentnerschwer Sichtbarkeit aufs Haus, mal tummelten sich wilde Tiere im Park und "die Liebe tut not", dann wurde es Nacht mit der unerwarteten Folge "Jetzt sehe ich dich", ehe eines der Gedichte vorausblickte auf Dunkelheit: "Wir wissen, dass diese Erde endlich ist und dass wir zugrunde gehn - und wir lachen."

Happel las neue und ältere Gedichte, einige davon aus dem Band "Grüne Nachmittage", der bei Suhrkamp erschienen ist. Mit ganz eigenem Tonfall und Rhythmus trug sie die Texte vor, die frei sind von Beschaulichkeit und tolle Kapriolen schlagen. Die Lesung machte den schrägen Witz deutlich, der in ihnen steckt.

Dazu passte die zweite Stimme, die sich mit den Gedichten und gegen sie vernehmen ließ: Randall Nordstrom, Solist der Nordwestdeutschen Philharmonie Herford, entlockte seinem Kontrabass improvisierend Klänge, die vom tiefsten Streichinstrument üblicherweise nicht zu erwarten sind - ein Meister seines Fachs.

Die Lesung endete mit einem Prosastück aus einem noch unveröffentlichten Roman, in dem Happel Geschichten aus einer - ihrer - katholischen Kindheit erzählt. Das ausgewählte Kapitel berichtet pointiert und skizzenhaft von einem Edwin, mit dem die Erzählerin "ein Geheimnis hatte". Schwermütig war er, und ein schlimmes Ende nahm es mit ihm, und weil "Außerirdisches, Unzüchtiges" vorgefallen sein sollte, wurde er abseits vom Friedhof beerdigt.

Für Pro Hof war die Veranstaltung ein "Stammtisch", bei dem, auch der ungünstigen Witterung wegen, viele Stammgäste fehlten. Der Kunstverein Hof freute sich über den Start in eine neue Ära seiner Reihe "Text in der Galerie - Kunst hoch zwei"; Lioba Happel wird sie künftig betreuen.