Er muss eine Schwäche für großangelegte Projekte gehabt haben – sonst hätte er wohl kaum 13 Kinder gezeugt und zwischendurch noch eines der mächtigsten Werke der Weltliteratur geschrieben: der russische Schriftsteller Lew Nikolajewitsch (Leo) Tolstoi, Autor des vierbändigen Romans „Krieg und Frieden“ (1868/69). Zunächst hatte er das Werk als Familienchronik geplant, kreist seine Geschichte doch um zwei russische Adelsfamilien; doch dann wuchs es sich unter Tolstois Fingern zu einem der bedeutendsten historischen Romane über die russische Gesellschaft während der napoleonischen Kriege (1805 bis 1912) aus – zu einem Nationalepos in Prosa. Da der Autor selbst einem alten Adelsgeschlecht entstammt, erzählt er die Geschichte der Adelsfamilien Bolkonskij und Rostov hauptsächlich aus Sicht der Blaublütigen. Dabei arbeitet er deutlich den Gegensatz zwischen Geburts- und Geldadel sowie zwischen ehelicher und unehelicher Geburt heraus. Gleichzeitig diskutiert der Roman die damalige Geschichtsphilosophie. Er dekonstruiert historische Mythen. Die Lenker der Geschichte – etwa Napoleon – sind bei Tolstoi nur willenlose Vollstrecker einer Schicksalsmacht. Sie wirken lächerlich. So stellt Tolstoi Krieg als Mittel politischer Auseinandersetzung in Frage. In den 40er Jahren komponierte der Russe Sergei Prokofiew eine Oper zu dem Stoff. Außerdem wurde „Krieg und Frieden“ mehrmals verfilmt. 1956 versuchte sich King Vidor an dem Stoff und konnte mit Audrey Hepburn, Henry Fonda und Mel Ferrer auf ein herausragendes Schauspieler- Ensemble zurückgreifen. Oscargekrönt ist die Fassung des russischen Regisseurs Sergej Bondartschuk aus dem Jahr 1968. Jetzt zeigt das ZDF eine neue TV-Adaption unter der Regie von Robert Dornhelm. Der Vierteiler mit Alexander Beyer, Clemence Poesy und Hannelore Elsner wird am 6., 9., 13., und 16. Januar jeweils um 20.15 Uhr ausgestrahlt. Beim Deutschen Taschenbuch Verlag ist der 1600 Seiten umfassende Roman als einbändige Gesamtausgabe für 25 Euro lieferbar.