Als die ODJB - die Original Dixieland Jass Band - im Studio Platz vor dem riesigen Aufnahmetrichter nahm, der den Schall der Instrumente sammelte und über eine Mechanik auf eine rotierende Wachs-Scheibe übertrug, da war klar: Jede Nummer ging ganz oder gar nicht in die Produktion. Zwei Nummern waren's: der "Livery Stable Blues" und der "Dixieland Jass Band One-Step". Nach nur neun Tagen, am 7. März 1917, lag die erste Jazz-Platte der Geschichte in den Geschäften - ein Verkaufshit sondergleichen. Viel Musik bekam man indes nicht fürs Geld: Zwar maß die Schellack-Scheibe stolze 28 Zentimeter im Durchmesser, doch drehte sie sich unter der Grammofon-Nadel 78 Mal in der Minute - was die Abspielzeit pro Seite auf knapp drei Minuten beschränkte. Gerade mal ein Jahr war die Band bei ihrer Tonträgerpremiere alt; im Zentrum stieß der Trompeter Nick LaRocca aus New Orleans ins Horn - nämlich ins Kornett -, ferner gehörten 1917 der Klarinettist Alcide Nunez und Eddie Edwards mit der Posaune, Henry Ragas am Piano und Tony Sbarbaro am Schlagzeug dazu. Allesamt Weiße wohlgemerkt - dabei gilt der Jazz als Musik nicht zuletzt der Afroamerikaner. Als das Quintett den Vertrag mit der Produktionsfirma Victor Talking Machine Company unterzeichnete, sah keiner den alsbald einsetzenden, fortan ungebremsten Siegeszug des neuen Musikstils ab; im Gegenteil: Randständigkeit und baldiges Verklingen prophezeiten ihm Skeptiker. Verändert hat sich der Jazz seither zu einem enorm vielgesichtigen Genre der Musik; geändert hat sich auch sein Name: 1917 hieß er noch Jass, mit Doppel-s. So oder so ein Begriff zweifelhafter Herkunft: Aus dem Slang, heißt es, stamme er her und habe mit Rausch und Ekstase zu tun und mit fleischlicher Lust.