Wer eine Chronik schreibt, hält sichernd kleine Teile aus langer Zeit fest, das Meiste verwerfend. Solcher Zwang zur rigorosen Auswahl stellt schwierige Aufgaben an die Autoren; und doch fällt eine Chronik, als Buch, in der Regel immer noch schwergewichtig genug aus. Die „Neue Chronik der Weltgeschichte“ erstreckt sich über gut 700 Hochglanzseiten mit über tausend Artikeln in einer Art Zeitungslayout im Bildbandformat – gar nicht mal so viel für 5000 Jahre Kulturgeschichte der Menschheit. Auch bildhaft scheinen die oft sich überstürzenden Ereignisse in Karten und zahllosen Bilddokumenten auf. Überdies werden sie zusammenfassend in Verbindung gebracht durch Rahmenartikel, die etwas großspurig „Essays“ heißen und sich um die verständliche Durchleuchtung komplexer Hintergründe bemühen.

Sehr ansehnlich, unterrichtend, unterhaltsam: Nicht nur für Detailsucher, auch und besonders für Schmökerer tut sich ein Dorado historischer Erkenntnis auf. Mit dem wuchtigen Band, einer erweiterten Neuausgabe des beliebten populärwissenschaftlichen Standard-Handbuchs, feiert der Chronik-Verlag seinen 25. Geburtstag.

Der Chronik-Verlag ist Teil des Wissen-Media-Verlags, der wiederum zum Bertelsmann-Lexikon-Institut in der Direct-Group Bertelsmann gehört … Ein langer Satz über nicht leicht zu durchschauende Beziehungen – und also den schier endlosen Haupt- und Neben-, Um- und Irrwegen der Menschheit durch die Geschichte angemessen.

„Weitblick“ versprechen die Herausgeber im Vorwort: Er reicht vom Höhlen- und Savannenleben von Menschen, die noch kaum welche waren, bis zur Papstwahl und dem deutsche Freudensommer der WM 2006, zur EU-Erweiterung und der Hinrichtung Saddam Husseins im vergangenen Januar. Naturgemäß wird die Darstellung, je näher die Episoden der Gegenwart rücken, umso kurzatmiger: Den Platz, den ein Jahrzehnt des 14. Jahrhunderts einnimmt, beansprucht am Ende des zwanzigsten ein Monat für sich. Dies freilich wird, aus heutiger Sicht, der Dichte der Ereignisse und dem Interesse der Benutzer gerecht. Die finden sich leicht durch die klaren Gliederungen, die transparenten Texte, die eigenständig informierenden Grafiken und Bilder; und üben blätternd, den Blick fort von den nationalen und kontinentalen Grenzen in die Weite und Breite einer sich allüberall entfaltenden gesellschaftlichen, wissenschaftlichen, künstlerischen Zivilisation voller Lichter und Schatten schweifen zu lassen, staunend. Zu lernen ist dabei, neben vielem anderen: Europa ist nicht und war nie der Nabel Welt. MICHAEL THUMSER

Neue Chronik der Weltgeschichte, Chronik-/Wissen-Media-Verlag, 704 Seiten, gebunden, 19,95 Euro.