Regenten, die Autoren waren, kennt die Weltgeschichte, wenn auch nicht im Überfluss. Doch kaum ein Herrscher fand die Zeit oder spürte Lust, seine eigene Biografie aufzuschreiben. Der prominente Römerkaiser Marc Aurel beispielsweise, der im Jahr 180 an der Pest starb, reflektierte in "Selbstbetrachtungen" philosophisch sein Leben und Denken. Indes blieb es einem Monarchen des 20. Jahrhunderts vorbehalten, mit der Schilderung seines Schicksals eine Art Bestseller zu verfassen. 1964 konnte Pu Yi mit dem Titel seines Buchs von sich behaupten: "Ich war Kaiser von China". Früh wurde er's, 1908 mit gerade mal zwei Jahren. Lang blieb er's nicht. Denn als, am vergangenen Wochenende vor hundert Jahren, in den Metropolen des Landes die Revolution losbrach, begrub sie ungesäumt das 2000-jährige Kaiserreich. 1912 dankte der Knabe offiziell ab; und durfte allerdings in der abgeriegelten Verbotenen Stadt sein verwöhntes, einsam-ereignisloses Palastleben weiterführen. Wie einen ungeliebten Vogel verbarg die Republik ihn im goldenen Käfig, dem er 1924 entfloh. Alt genug, eigene Pläne zu fassen, fühlte er sich berufen, das annullierte Kaisertum zu restaurieren. Den Krieg führenden Japanern diente er sich an, die ihn 1934 wirklich noch einmal zum Kaiser erhoben - freilich nur als ohnmächtigen Hampelmann in dem von ihnen drei Jahre zuvor installierten Staat Mandschukuo. Seit 1945 sowjetischer Kriegsgefangener, fand sich Pu Yi, ausgeliefert, 1950 in China wieder. Dort wurde in Lagern und Gefängnissen ein "neuer Mensch" aus ihm, der, auch in seinem Buch, das Loblied des werktätigen Daseins sang. 1959 von Mao Zedong begnadigt, drohten ihn von 1966 an die Mühlen der Kulturrevolution zu zermalmen. 1967 erlag er dem Krebs, ein Wrack an Leib und Seele. Erst als Gärtner, schließlich als Gelehrter hatte er seine letzten Jahre verlebt. Die alte Kaiserherrlichkeit ließ 1987 Bernardo Bertolucci in seiner Monumental-Verfilmung "Der letzte Kaiser" noch einmal imponierend auferstehen. Bis heute prominent zu sein, hat der entmachtete Monarch dem Kino zu verdanken.