Im „Geleitwort“ wird auf die Dialektik zwischen Daseinsgenuss und Stoffwechsel hingewiesen: Die meisten Europäer, heißt es da, äßen, um sich am Leben zu erhalten; die Sizilianer hingegen „leben, um zu essen“. Zu solchem „mediterranen Lebensgefühl“ gehört freilich der Tod wohl auch, und selbstverständlicher als anderswo auf dem Kontinent. Ziemlich unverhohlen beherrscht die Mafia weite Bereiche des öffentlichen Lebens auf der Insel – eine eng vernetzte, durchstrukturierte „ehrenwerte Gesellschaft“, zu deren hochprofitablen Geschäftsprinzipien jenes zählt, den Wert eines Menschenlebens nicht allzu hoch zu veranschlagen. Wie alle Sizilianer hängen die Paten und ihre Helfershelfer zärtlich am Land ihrer Väter – nicht zuletzt des „unvergleichlich guten Essens“ wegen, wie Pietro Querini nachweist. In seinem Buch „Lieblingsgerichte großer Mafiosi“, das er beim Rehauer Burgverlag herausgab (151 Seiten, Paperback, 11,80 Euro), unternimmt der den gar nicht so absurden Versuch, die Niederungen der Kriminalität in seiner Heimat mit den Hochleistungen der Gastronomie ins Verhältnis zu setzen. Interessantes lässt er über das organisierte Verbrechen in Südeuropa und anderen Weltteilen wissen, noch mehr aber über Zutaten und Zubereitungsweisen einer Geschmackskultur, die sich bei köstlichen Rohstoffen aus der Erde, den Lüften, dem Wasser des Meeres bedient. Mit einem nicht näher identifizierbaren „Mafiafreund“ erkundete Querini die cucina siciliana in den Gaststätten zentraler Orte wie entlegener Bergdörfer, wo er bei „systematischen Dauerbeobachtungen“ der Ganoven notierte, was sie sich so von Gang zu Gang auf der Zunge zergehen lassen. Viele Rezepte für feine Speisen notiert er gewissenhaft – und fügt Listen über Olivenöle, Nudeln, Fischsorten bei; schließlich noch ein „Kleines Mafialexikon“ als Miniglossar zentraler Begriffe aus der Gangster-, Gauner-, Killerszene. Auch die omertà taucht darin auf, die Schweigepflicht. Natürlich kann man über beinah alles reden; nicht zwar übers Geld der Mafia; doch über ihren Gaumen jedenfalls.