Immerhin war Abraham Lincolns Mörder Schauspieler; und immerhin amüsierte sich der 16. Präsident der Vereinigten Staaten gerade bei einem Schauspiel, Tom Taylors dreiaktiger Farce "Our American Cousin", als ihn heute vor 150 Jahren im Ford's Theatre in Washington die tödliche Kugel traf. Derart witzig verlief das Stück, dass sogar der Leibwächter seinen Platz an der Tür zu Lincolns Loge verließ, um sich die Komödie anzusehen. So konnte sich John Wilkes Booth Zugang verschaffen.

Verborgen wartete er eine besonders zündende Pointe des Hauptdarstellers ab; als das Publikum sie schallend belachte, drückte er seinen Revolver ab, in der Hoffnung, der Knall möge im allgemeinen Lärm untergehen. Daraufhin sprang er von der Loge ins Parkett - wobei er sich ein Bein brach - und rief entweder, wie manche Zeugen meinten, "Sic semper tyrannis!" (lateinisch, etwa: "So soll es allen Gewaltherrschern ergehen") oder, nach Aussage anderer, "Der Süden ist gerächt!" Schließlich entkam er hinkend - bis ihn am 26. April Soldaten in Bowling Green, Virginia, ausfindig machten und liquidierten. Lincoln selbst hatte bereits am Tag nach dem Anschlag den letzten Atemzug getan.

Nach Rache verlangte Booth, während des fünfjährigen Bürgerkriegs ein glühender Gefolgsmann der Konföderierten, weil Lincoln und der Norden, Gegner der Sklaverei, die nach Unabhängigkeit strebenden Südstaaten bezwungen und die Teilung der Nation verhindert hatten. Nur 56 Jahre durfte der Präsident alt werden, doch für die Amerikaner strahlt er bis heute mythisch als goldenes Monument einer unbestechlichen, freiheitlich-demokratischen Gesinnung. Sarkastisch gesprochen, ließ er im für ihn günstigsten Augenblick der Geschichte das Leben: Sein nach der Rettung der Union unerhörtes Prestige focht fortan nichts mehr an. Somit konnte der Wert von Devotionalien in den Himmel steigen: Das Opernglas, mit dem Lincoln bei seinem Theaterbesuch der letzten Pointe seines Lebens folgte, kam 2012 unter den Hammer und sollte 530 000 Euro bringen.