<%IMG id="4335600" title=""Schlösser für den Staatsgast"" target="_blank">Berlin - Im Gartensaal von Schloss Schönhausen ist eine lange Tafel festlich gedeckt. Bei näherem Hinsehen erst wird erkennbar, dass der Tisch in der Mitte geteilt ist: zur Rechten sind die Servietten in Muschelform gefaltet, zur Linken als Helm, rechts Polsterstühle im Louis-Seize-Stil vor den Gedecken, links moderne Sitzmöbel. Mit der Doppel-Ausstellung "Schlösser für den Staatsgast. Staatsbesuche im geteilten Deutschland" widmen sich die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten sowie die Unesco-Welterbestätte Augustusburg und Falkenlust in Brühl erstmals einem speziellen Kapitel deutsch-deutscher Zeitgeschichte: der außenpolitischen Selbstdarstellung beider deutscher Staaten nach ihrer Gründung 1949.

Das Staatsbankett war in Ost wie West wichtiger Teil der Repräsentation: In der Bundesrepublik ist der Tisch mit Geschirr der Königlich-Preußischen Porzellanmanufaktur eingedeckt, in der DDR wählte man statt Meißener Porzellan ein modernes Dekor der Porzellanmanufaktur Reichenbach in Thüringen, die auch ins Ausland exportierte. Das Service spürten die Kuratoren im Bundespräsidialamt in Berlin auf, das Besteck fanden sie im Requisitenfundus der Filmstudios in Babelsberg. Dass auf der linken Seite sowohl Stühle wie auch Gedecke lückenhaft sind, erklärt Kurator Jörg Kirschstein als symbolhaft: «Ein Land gibt es nicht mehr, die Ausstattung ist verloren gegangen, das Porzellan auf der West-Tafel wird hingegen heute noch benutzt.»

Trotz gegensätzlicher politischer Systeme wählten beide Republiken feudale Schlösser als Bühne, Schönhausen im Nordosten Berlins, wo die Ausstellung bis Juli zu sehen ist, und Augustusburg bei Bonn, die zweite Station der Schau. Gezeigt werden in den originalen Räumen rund 150 Fotos und Exponate, darunter die Staatsgeschenke, die ausländische Gäste erhielten beziehungsweise bei ihrem Besuch mitbrachten. Die Unterschiede sind marginal, das Mitbringsel sollte möglichst neutral bleiben.

Die indische Premierministerin Indira Gandhi beglückte sowohl die Bundesrepublik wie auch 1976 die DDR mit einem identischen Alabaster-Modell des Mausoleums Taj Mahal. Jimmy Carter präsentierte der Bundesrepublik 1978 eine Tellerserie mit amerikanischen Heimatmotiven, die DDR hatte beim Staatsbesuch anlässlich ihres 25. Geburtstags 1974 von Leonid Breschnew ein symbolhaftes Kunstwerk deutsch-sowjetischer Freundschaft aus Edelstein erhalten. Das wertvolle Stück kann jedoch nur in einem Filmausschnitt gezeigt werden, das Original ist - wie viele andere Präsente - mit dem Untergang der DDR verschwunden, wie Kurator Kirschstein von der Schlösserstiftung bedauert.

Hauptexponat ist jedoch Schloss Schönhausen selbst, ab 1966 der wichtigste Ort der Außenrepräsentation der DDR, mit Originalmobiliar aus der Zeit. Gezeigt wird etwa das von üppigen Vergoldungen im Stil des Neorokoko gezierte grüne "Protokollsofa", auf dem sich Staatschef Erich Honecker mit seinem Gast beim offiziellen Fototermin präsentierte. Den ungleichen Kampf um außenpolitische Anerkennung beider deutscher Staaten belegen vor allem Fotos: Bundespräsident Heinrich Lübke empfängt Queen Elizabeth II. 1965 zum wichtigsten Staatsbesuch seit Gründung der Bundesrepublik im prächtigen Rokoko-Treppenhaus von Schloss Augustusburg, während Walter Ulbricht 1966 mit seinem ersten Gast in Schönhausen, dem ungarischen Generalsekretär János Kádár, stolz auf dem Protokollsofa thront.

Das Spektrum der Staatsgäste der DDR bleibt zunächst gering: Diktatoren aus Afrika, wenige Repräsentanten aus Asien, vor allem Staatschefs aus den sozialistischen Bruderländern. Erst mit der Unterzeichnung des sogenannten Grundlagenvertrags mit der Bundesrepublik 1972 gelang es der DDR, verstärkt diplomatische Beziehungen zu westlichen Staaten aufzunehmen. Von nun an gaben sich auch Gäste aus dem kapitalistischen Ausland in Schönhausen die Klinke in die Hand, das Schloss wurde zum zentralen Repräsentationsort umgestaltet. Das zeigt sich bis heute in den erhaltenen Gästeappartements im Obergeschoss, inklusive modernem Badezimmer für die Dame mit lila Fliesen.

Fotos erlauben den Vergleich mit den Räumen, in denen die alte Bundesrepublik ihre ausländischen Gäste auf dem Petersberg unterbrachte. Hier wie dort wurden moderne Möbel mit Anklängen an höfische Formen und ausgewählte Antiquitäten kombiniert. Das Stilempfinden der Staatsrepräsentation war am Ende in Ost wie West erstaunlich ähnlich in dem mitunter verkrampften Versuch, der modernen Republik den Mantel der Geschichte umzulegen.