Einer Dichterin ist das Hörbuch gewidmet, aber das Motto auf der Hülle stammt nicht von ihr, sondern von dem Franzosen Henry de Montherlant: "Es ist von großer Bedeutung, für Werke wie für Menschen, nicht aktuell zu sein." Eine provokante Haltung: Dem Zeitgeist schlägt sie ins Gesicht. Freilich ist was dran - etwa, wenn man sie auf Eva Strittmatter bezieht, die, als Ehefrau des Romanciers Erwin Strittmatter ("Der Laden"), ihre Texte eher heimlich, jedenfalls für sich niederschrieb. Als sie dann in den Sechzigern, fast widerstrebend, doch die Öffentlichkeit suchte und 1973 den ersten ihrer zwölf Gedichtbände herausbrachte, da wurde ihr unverhofft großer Zuspruch zuteil. Und als sie vor zwei Jahren, bis zum Lebensende in einem Gehöft bei Neuruppin daheim, mit achtzig starb, war sie, wie schon in der DDR, die wohl meistgelesene Poetin im Lande. "Ich mach ein Lied aus Stille. / Ich mach ein Lied aus Licht": Ihre "schönsten Gedichte" hat die Schauspielerin (und "Tatort"-Kommissarin) Andrea Sawatzki für das Label "Contrapunkt" gelesen, still und licht mit vertraulicher Stimme und diskretem Einverständnis. "Gebrauchslyrik", der großen Mascha Kaléko verpflichtet: zeitgeistfern gereimte Verse von hohem magisch-melancholischem Reiz - auf Sawatzkis CD preisen sie die Gänge des Geschicks und die Regungen des Gemüts, die Natur als die "Konstante" eines brauchbaren Lebens, un-"aktuell" und also noch eine Weile gültig. Michael Thumser