Frankfurt am Main - In ihrem jüngsten Buch "Krähengekrächz" (S. Fischer Verlag) schildert Monika Maron ihre Gedanken zum Verhältnis von Mensch und Tier: "Wenn wir unmenschlich sagen, meinen wir das Tierhafte", schreibt die Autorin, die am 3. Juni 75 Jahre alt wird. Aber: "Nicht das Tier in uns mordet, es ist der Mensch." Es ist ein Wechsel der Perspektiven nach den frühen politischen Romanen und den eher privaten Sujets der vergangenen Jahre.

Als Stieftochter des DDR-Innenministers Karl Maron schien ihr Weg vorgezeichnet zu sein. Monika Iglarz wurde in Berlin-Neukölln als Tochter eines Frontsoldaten geboren, der ihre Mutter, Hella Iglarz, nicht heiraten durfte, weil diese als "Halbjüdin" galt. Die Geschichte ihres jüdisch-polnischen Großvaters, der von den Nazis deportiert und ermordet wurde, hat Monika Maron 1999 unter dem Titel "Pawels Briefe" zu einer "Familiengeschichte" verarbeitet.

Nach dem Krieg heiratete die Mutter den SED-Funktionär Karl Maron und siedelte mit ihm 1951 nach Ost-Berlin über. Monika Maron engagierte sich im sozialistischen Jugendverband (FDJ) und später in der SED. Nach dem Abitur arbeitete sie ein Jahr lang als Fräserin in einem Flugzeugwerk bei Dresden. Anschließend studierte sie Theaterwissenschaften und Kunstgeschichte in Ost-Berlin. Sie versuchte sich als Regieassistentin beim Fernsehen und als wissenschaftliche Aspirantin an der Schauspielschule, bevor sie ins journalistische Fach wechselte.
Sechs Jahre lang war sie als Reporterin für die Frauenzeitschrift "Für Dich" unterwegs. Aus ihren Recherchen 1974 über das Chemierevier Bitterfeld für die «Wochenpost» ging ihr Debütroman "Flugasche" hervor, der in der DDR wegen "Schwarzmalerei» nicht erscheinen durfte. Dabei hatte sich die Autorin immer wieder kritisch zum DDR-Regime geäußert, denn ihre Herkunft hatte sie stets geschützt. Doch 1975 starb ihr Stiefvater.
Der Roman erschien 1981 im Frankfurter Verlag S. Fischer und galt sogleich als Muster kritischer DDR-Literatur. Was man im Westen nicht wusste: Er war passagenweise von einem Führungsoffizier der Staatsicherheit gegengelesen worden. Zudem war die Autorin zwischen 1976 und 1978 unter dem Decknamen "Mitsu" als Inoffizielle Mitarbeiterin für die Stasi tätig gewesen. Nachdem sie sich von der Stasi zurückgezogen hatte, wurde sie selbst als "feindliche Person" observiert.
Bei S. Fischer erschien 1982 auch ihr Erzählungsband "Das Missverständnis" und ihr zweiter Roman unter dem Titel "Die Überläuferin", eine fantastische Groteske über eine wissenschaftliche Mitarbeiterin, die sich nur mittels Körperlähmung und Rückzug von der Außenwelt als Individuum behaupten kann. Mehr und mehr entfremdete sich die Autorin von der offiziellen Doktrin. 1988 verließ sie mit einem Dreijahresvisum die DDR und ließ sich mit Mann und Sohn bis 1992 in Hamburg nieder.

Im Jahr zuvor war ihr Wenderoman "Stille Zeile Sechs" erschienen, mit dem ihr der endgültige Durchbruch gelang. Maron, die ihren Namen auf der ersten Silbe betont wissen will, um sich von ihrem Vater abzugrenzen, erzählt darin von einer Frau, die sich zähneknirschend die Autobiografie eines SED-Funktionärs diktieren lässt. Von einer »Abrechnung mit den Vätern« schrieb Literaturkritikerin Iris Radisch in der Wochenzeitung "Die Zeit". Marcel Reich-Ranicki sprach der Schriftstellerin 1992 den Kleist-Preis zu.

Sie zog nach Berlin. Ihre Nachwenderomane wurden privater. Mit »Animal triste« legte sie 1996 einen Liebesroman vor: Erinnerungen einer alternden Frau, die nicht loslassen kann. Auch die Romane "Endmoräne" (2002) und "Ach Glück" (2007) widmen sich dem verlorenen Glück, diesmal allerdings in einer sklerotisierten Wohlstandsehe. Geistergestalten aus der Vergangenheit begegnen ihrer alternden Protagonistin in dem Roman »Zwischenspiel« (2013).
Ihr realistischer Blick, ihre eigenwillige Perspektive und lakonische Ironie prädestinierten Monika Maron für die Gattungen Essay (Geburtsort Berlin, 2003) und Reportage. In ihrem "Bitterfelder Bogen" (2009) berichtet sie von der Verwandlung einer chemieverseuchten Landschaft in ein Solarzellen-Revier. In einem Artikel für "Die Welt" hat sie sich abermals eigenwillig zu Wort gemeldet. "Pegida ist keine Krankheit, Pegida ist das Symptom", titelte die Zeitung: Monika Maron plädierte für das christliche Erbe in einem säkularen Staat.