Sie heißen "In the Summertime" (von Ray Dorset, 1970) und "Kung Fu Fighting" (von Carl Douglas, 1974) oder "Macarena" (von "Los del Rio", 1996). One Hit Wonders nennt die Rock- und Popszene die Interpreten solcher Songs: Aus der Anonymität tauchen sie auf, platzieren sich ganz vorn in den Charts - und verschwinden wieder, ohne dass es ihnen je gelänge, den Erfolg zu erneuern. In der Klassik gibt's dergleichen übrigens auch: als augenfälligstes Exempel Max Bruchs erstes Violinkonzert, das seit 143 Jahren aus den Musiksälen nicht wegzudenken ist, während das übrige Schaffen des emsigen Tonsetzers der Vergessenheit verfiel. Manchem reicht ein Werk, um weltberühmt zu werden - nicht anders in der Schriftstellerei. Am populärsten zeigte sich das Phänomen hier wohl bei "Vom Winde verweht", dem mit seinem Titel sprichwörtlich gewordenen Bestseller, für den Margaret Mitchell 1938 den Pulitzer-Preis erhielt; bis zu ihrem Unfalltod 1949 ließ die Autorin nichts weiter folgen. Oder Harper Lee: 1960 veröffentlichte sie mit "Wer die Nachtigall stört" einen der bewegendsten Romane der US-Nachkriegsliteratur, bekam die hohe Ehrung ebenfalls - und verstummte sodann weitgehend, in der Einsicht, es werde ihr, was einmal gelang, so nicht wieder glücken. Unter den englischen Autoren blieb der fleißig schreibende Henry Fielding international nur mit seinem "Tom Jones" namhaft, Lawrence Sterne mit "Tristram Shandy", Anthony Burgess mit "Clockwork Orange", und J. D. Salinger ließ es bekanntlich beim "Fänger im Roggen" bewenden. In der russischen Literatur schufen Michail Scholochow mit dem "Stillen Don", Boris Pasternak mit dem "Doktor Schiwago" je einen Solitär; in Italien Giuseppe Tomasi di Lampedusa mit "Der Leopard"; unter den Tschechen Jaroslav Hasek mit dem "Braven Soldaten Schwejk" ... Vielleicht will das Schicksal mit so radikaler Beschränkung dafür sorgen, dass sich Bücher wie diese ihre Einzigartigkeit über die Zeiten hinweg verlässlich bewahren. Wer liest denn - zum Beispiel - in Deutschland noch die Novellen des Literaturnobelpreisträgers Paul Heyse, dessen Gesammeltes Werk in 42 Bänden erschien?