Unter den bedeutenden Unterhaltungsautoren des vergangenen Jahrhunderts gilt Daphne du Maurier nicht allein als virtuose Könnerin des Spannungsaufbaus, ebenso als scharfsichtige Psychologin; und als Meisterin des Unheimlichen. Eine Erzählerin wie sie war ganz nach Alfred Hitchcocks Herzen. Den berühmtesten ihrer etwa fünfzehn Romane, "Rebecca", verfilmte er grandios - der Zwielichtigkeit des Sujets angemessen in gespenstisch dämmerndem Schwarz-Weiß -; und auch eine ihrer vielen Kurzgeschichten, die 1952 geschriebenen "Vögel", kamen seiner fast pathologischen Vorliebe für Dämonisches, Zweifelhaftes, Unergründliches entgegen. Zwar entfernte er sich mit seinem Farbfilm stark von der literarischen Vorlage; hier wie dort aber entfaltet sich das Horror-Genre subtil statt platt blutrünstig: Das Grauen erwächst aus einem Alltag, dessen scheinbar selbstverständliche Details unversehens und offenbar grundlos in Unordnung geraten und der sich Verderben bringend gegen ganz alltägliche Menschen kehrt. Du Maurier nahm im Bild des vormals friedlichen, urplötzlich rabiaten Federviehs, das sich in Schwärmen mordlüstern auf hilflose Zeitgenossen stürzt, Bezug auf Englands traumatische Erinnerungen an die Bedrohung durch Hitlers Luftwaffe. Davon weiß Hitchcock nichts; seine gefiederten Feinde symbolisieren eine kreatürliche, anonyme Übermacht aus heiterem Himmel, für die es keine moralische Erklärung und vor der es keine Rettung gibt. Unheilschwanger durchtönt vom elektronisch am "Trautonium" erzeugten Soundtrack des in Greiz geborenen Oskar Sala, terrorisierten am heutigen Donnerstag vor fünfzig Jahren "Die Vögel" erstmals ein Kinopublikum. Gleichfalls 1963 versuchte sich Hitchcocks Regie-Kollege Roger Corman an einem einzelnen Vogel und gab sich damit zufrieden, mit ihm nicht Grauen, nur Grusel zu erwecken: Sein Zauber-Quatsch, vordergründig Edgar Allan Poe verpflichtet, heißt wie dessen berühmtestes Gedicht: "Der Rabe".