Ab welcher Größe können Musikensembles auf den winkenden und wedelnden, herumfuhrwerkenden und -fuchtelnden Menschen vor sich nicht mehr verzichten? Wirklich geht's auch ohne - wie kürzlich in Düsseldorf; und das, obwohl dort, in der Tonhalle, nicht nur ein Orchester, sondern deren zwei das Podium füllten. Gemeinsam stellten die ortsansässigen Symphoniker und Musiker aus Russland ein Konzert nach, zu dem im Gründungsjahr der Sowjetunion das Perwy Simfonitscheski Ansambl, abgekürzt Persimfans, in Moskau eingeladen hatte. Jenes "Erste Symphonische Ensemble", der revolutionären Idee eines "angewandten musikalischen Kollektivismus" verschrieben, musizierte ab 1922 "herrschaftsfrei", folglich ohne Dirigent. Gleichwohl beharren die Maestros darauf, bei Darbietungen ausgewachsener Ensembles die "eigentlich vortragenden Künstler" zu sein, wie es in einem Standardwerk heißt. Indes müssen sie ihren Musikern das Wesentliche schon bei den Proben vermitteln; während der Aufführung können sie sich mittels Taktstock, Mimik, Körpersprache nur noch andeutend verständlich machen. Und mindestens so sehr wie zum Erfolg eines Konzerts kann der Dirigent zu dessen Fehlschlag beitragen. So verbreitete Madame Rachmaninowa, die erste Symphonie ihres Gatten Sergej sei bei der Uraufführung 1897 in St. Petersburg nur deshalb mit Pauken und Trompeten durchgefallen, weil sein Komponisten-Kollege Alexander Glasunow sie im Vollrausch geleitet habe. Erst recht aktenkundig wurde bereits zwanzig Jahre zuvor der Kapellmeister Jean Joseph Bott, indem er bei einem Festkonzert in Hannover, während eines Chorwerks aus der Feder Liszts, von Pult und Podium ins Auditorium kippte, buchstäblich sturzbetrunken. Der Mann kam nicht mehr auf die Füße: Er wurde unfreiwillig pensioniert.