Der Schriftsteller Sebastian Lukasser will das eigene Erleben so gering wie möglich halten und stattdessen das Glück des Beschreibens genießen. Nie wieder, so hat er sich geschworen, werde er sich in die Angelegenheiten anderer Menschen einmischen. Aber nun kommt die knapp 14-jährige Madalyn zu ihm: Sie braucht seine Hilfe, denn zum ersten Mal ist sie verliebt.

Lukassser kennt Madalyn seit ihrem fünften Lebensjahr. Damals brachte er ihr das Fahrradfahren bei und wurde, als sie einen Unfall hatte, ihr Lebensretter. Seither ist er ihr Schutzengel und Vertrauter. Weil Madalyn Probleme mit ihren Eltern hat, ist sie entschlossen, mit fünfzehn von zu Hause abzuhauen. Auch der 16-jährige Moritz ist ein Problemfall: ein schlechter Schüler, die Eltern sind geschieden, weshalb er bei einer Tante wohnt, er hatte schon mit der Polizei zu tun, und er lügt. Ausgerechnet in ihn hat Madalyn sich verliebt, und das aufgrund eines Gedichts, von dem es hieß, Moritz habe es geschrieben, aber das ist gar nicht wahr.

Autor des Romans "Madalyn" ist der 60-jährige, vielseitige und erfolgreiche österreichische Schriftsteller Michael Köhlmeier, der die Leser zuletzt mit einem Buch berührte, in dem er den tragischen Tod seiner Tochter verarbeitet hat. In "Madalyn" zitiert er eine Lehrerin mit den Worten, es gebe nur einen Grund, warum jemand ein Buch lese, nämlich, weil er eine Geschichte suche, in der erzählt werde, was man selber auch schon erlebt hat, und weil man wis-
sen wolle, wie sich jemand anderer in einer ähnlichen Situation verhalte.

Wenn das stimmt, dann ist "Madalyn" ein Buch für alle, denen Glück und Schmerz der ersten Liebe noch nahe sind, ein Buch also vor allem für junge Menschen. Doch ist es, was seinen literarischen Anspruch betrifft, nicht eigentlich ein Jugendbuch. Und weil auch gut erzählte, lebensnahe Geschichten ein Grund sein können, ein Buch zu lesen, taugt "Madalyn" letztlich für jedermann. Ralf Sziegoleit

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Michael Köhlmeier: Madalyn. Hanser, 173 Seiten, gebunden, 17,90 Euro.