HOF – Einmal im Jahr bestimmt die Stadt Hof, als Hausherrin am Theresienstein, das Ausstellungsprogramm in der dortigen Galerie des Hofer Kunstvereins. Seit Mittwochabend werden nun Arbeiten von Gottfried Brockmann und Bernhard Nowak gezeigt. Im Werk beider Künstler, die Zeitgenossen waren und im politischen Spannungsfeld des 20. Jahrhunderts agierten, gibt es Verbindungen zu Hof, über die Kulturbürgermeister Hans Pechstein die zahlreichen Besucher der Vernissage informierte. Brockmann lebte hier von 1945 bis 1952, Nowak ist erst in jüngster Zeit, posthum, in Hof angekommen: Der Mathe- und Physiklehrer Karl Kern hat, zusammen mit seiner Frau Claudia Uschakow und dem Selber Kunstsammler Franz Foff, den größten Teil des nowakschen Nachlasses erworben.

Wie es dazu kam, das ist eine interessante und auch ziemlich kuriose Geschichte. Deren erster Teil wurde von Uschakow dem Publikum vorgetragen, der zweite blieb zunächst unerzählt, weil die Vorsitzende des Kunstvereins, Petra Wiche-Wendler, befand, es sei genug geredet, man wolle endlich Bilder sehen. Das Nowak-Team, zu dem auch der Kunsterzieher Sigurd Bischoff als Verfasser einer Rede zur Ausstellungseröffnung gehörte, erhob heftig Protest. Dass dann doch noch – und sehr ausführlich – über Nowak gesprochen wurde, war dem Eingreifen („ohne Schuldzuweisung“) des Hofer Kulturamtsleiters Peter-Michael Tschoepe zu verdanken.

So erfuhr der Abend, bei dem Wiche-Wendler zuvor mitgeteilt hatte, dass sie dem Kunstverein Adieu sage, Belebung durch etwas, das es bei solchen Veranstaltungen nur selten gibt: einen Eklat. Um Gottfried Brockmann allerdings, der diesmal nur ganz am Rande betroffen war, hatte sich etwas Ähnliches schon einmal in Hof zugetragen. Der Schriftsteller Claus Henneberg war dabei, als der Künstler Ende der 40er Jahre in der Gartengesellschaft ein Bild mit dem Titel „Trunkene Unken“ zeigte, auf dem sich besoffene Kröten in einer grünlich-schimmligen Höhle vergnügten: Hofer Bürger nahmen Anstoß, es gab einen kleinen Skandal.

Von Brockmann (1903 bis 1983) sind jetzt im Haus Theresienstein etwa 30 Arbeiten zu sehen, die sein als Professor in Oslo lehrender Sohn im vergangenen Jahr der Stadt geschenkt hat. Dass die meisten aus seiner Hofer Zeit stammen, machen schon die Motive deutlich: Rathaus und Michaeliskirche, Waldstein und Kösseine, „Scherdelsche Brauerei“ und „Oberfränkischer Bauer“. Aber auch ältere Beispiele sind zu sehen: Ein Vierteljahrhundert zuvor, als „Progressiver“ in seiner Vaterstadt Köln und an seinem Studienort Düsseldorf, hatte sich Brockmann mit räumlich-figürlichen Konstruktionen auseinander gesetzt und die entpersönlichte Massengesellschaft thematisiert; ein Akademieverbot war die Folge gewesen.

Bernhard Nowak (1904 bis 1985) musste in der Nazizeit ebenfalls Anfeindungen erdulden. „Antifaschistische Zeichnungen und Collagen“, heißt es in einem Lebenslauf, „entzogen ihm den Boden für sein Schaffen.“ Nach Kriegsende, das der gebürtige Bayer in Berlin erlebte, entschied er sich bewusst für den Osten der Stadt, wo er als Künstler, Schriftsteller und Journalist – bei der Neuen Berliner Illustrirten, dem Eulenspiegel und dem Magazin – Karriere machte, aber schon ab 1960 nur noch freischaffend tätig war. Nach seinem Tod geriet er rasch in Vergessenheit.

Um seine Wiederentdeckung sind nun die Inhaber seines Nachlasses bemüht – insgesamt rund 1500 Arbeiten, von denen 120 in Hof ausgestellt werden. Auf die Vielfalt der Themen und Techniken wies Bischoff in seiner Rede hin. Nowak schuf Landschaften („schnell erfasst, kräftig bewegt“), malte und zeichnete im Stil von Grosz und Dix eine „trunkene Gesellschaft“, dazu aufs Wesentliche reduzierte Akte voller Frische und Vitalität. Auch Experimentelles aus den frühen 20er Jahren („Frauenverschlingende Macht“) und Zeitkritisches aus den 40ern wurde für die Ausstellung ausgewählt. Der Mann, so zeigt sich, hatte Witz und Kunstverstand: Reichlich gibt’s zu staunen und zu genießen.

Der nächste Schritt zu einer Nowak-Renaissance könnte eine fürs kommende Jahr geplante Ausstellung in Salzburg sein. Ein Solinger Sammler will den Künstler dort zusammen mit anderen „Verfemten“ präsentieren.

Bis zum 3. Oktober; donnerstags bis sonntags jeweils von 15 bis 18 Uhr. Am Sonntag, 23. September, um 16 Uhr findet eine Lesung aus dem literarischen Nachlass und dem Briefwechsel Nowaks statt.