London - 400 Jahre nach Shakespeares Tod wollen Archäologen eine makabere Entdeckung gemacht haben: Im Grab des berühmtesten englischen Dichters (1564-1616) soll der Schädel fehlen. Eine alte Geschichte, nach der sich Grabräuber bereits 1794 des berühmten Kopfes bemächtigt haben, könnte demnach wahr sein, teilte Kevin Colls von der Staffordshire University mit. Seine Ergebnisse sind Thema eines Dokumentarfilms, den der britischen Sender Channel 4 am Samstag ausstrahlt.

Sein Team hat die mutmaßliche letzte Ruhestätte Shakespeares in Stratford-upon-Avon mit Hilfe eines Radargeräts untersucht, dessen Wellen in den Boden eindringen kann, ohne etwas zu beschädigen. Es war demnach die erste Untersuchung des Grabs überhaupt. Im Kopfbereich habe es eine "seltsame Störung" gegeben und es scheine ihm «sehr, sehr überzeugend», dass Shakespeares Schädel nicht beim Rest seiner Gebeine in der Holy-Trinity-Kirche ruhe, sagte Colls.

Der Pfarrer der Kirche bezweifelte dagegen Colls' Theorie und stellte klar, dass das Grab nicht der Wahrheitsfindung zuliebe geöffnet werde: "Wir beabsichtigen, die Unantastbarkeit seines Grabs weiter zu respektieren, im Einklang mit Shakespeares Wünschen, und keine Störung zu erlauben.» Man müsse eben mit der Ungewissheit leben.

Auf Shakespeares mutmaßlichem Grabstein steht: "Guter Freund, unterlasse es um Jesu Willen, den hier eingeschlossenen Staub umzugraben. Gesegnet sei der Mann, der diese Steine schont, und verflucht sei, wer meine Knochen bewegt."

Auch um die Totenköpfe anderer Persönlichkeiten ranken sich makabere Geschichten.

- Im Juli 2015 stahlen Unbekannte auf dem Südwestkirchhof im brandenburgischen Stahnsdorf den Schädel des Regisseurs Friedrich Wilhelm Murnau (1888-1931). Der Kopf des Schöpfers von Horrorfilmklassikern wie "Nosferatu - eine Symphonie des Grauens" blieb verschwunden.

- Der Klaus Störtebeker zugeschriebene Schädel wurde 2010 aus dem Hamburg Museum gestohlen. Der Pirat war 1400 enthauptet worden. 2012 fand die Polizei das archäologisch wertvolle Stück wieder. Der Dieb und ein Hehler kamen mit Bewährungs- und Geldstrafen davon.

- Die Heilige Euphemia starb im 4. Jahrhundert als Märtyrerin. Ihr angeblicher Schädel wurde jahrhundertelang im elsässischen Bouxwiller verehrt - bis 2008 Diebe den Kopf aus einem Reliquienschrein in der Dorfkirche stahlen und durch einen Totenkopf aus Pappe ersetzten.

- Im Jahr 2000 beschaffte die spanische Polizei fünf Monate nach dem Diebstahl der Schädelknochen von Papst Benedikt XIII. (1394-1423) das Relikt wieder und nahm zwei Brüder fest. Die Männer hatten die Urne in einem Museum in Savinan gestohlen und dem dortigen Bürgermeister Erpresserbriefe geschickt, bevor die Fahnder sie ausfindig machten.

- Wo ist der Schädel Friedrich Schillers (1759-1805)? Die Umstände seiner Bestattung in einem Massengrab und eine Umbettung ließen früh Zweifel an der Echtheit aufkommen. 1826 hatte sogar Johann Wolfgang von Goethe den vermeintlichen Kopf seines Dichterfreundes einige Zeit bei sich zu Hause aufbewahrt. Fast 100 Jahre wurde zudem ein zweiter Schädel Schiller zugeordnet, der sich später aber als Frauenkopf erwies. DNA-Vergleiche mit Nachkommen ergaben, dass auch die erste Dichterreliquie falsch ist. Schillers Grab ist seitdem leer.