Dass es für den nordbayerischen "Poolschlitzer" (wie gemeldet) bislang mit einer Bewährungs- und Geldstrafe abgeht - hängt dies hintergründig vielleicht damit zusammen, dass sich das Schneiden und Spleißen, Spalten und Sicheln mittels Messern seit grauer Vorzeit als Kunst- und Kulturtechnik des Menschen unverzichtbar behauptet? Natürlich machen sich Reifenschlitzer, Messerstecher und scharf bewaffnete Gemälde-Attentäter unvertretbarer Missetaten schuldig. Andererseits beweist das unlängst halb in Streifen zerteilte Banksy-Bild, dass solcherart Eingriffe den Wert eines Artefakts nicht zwingend schmälern. In den Fünfzigerjahren machte Lucio Fontana mit "Schnittbildern" Furore, deren Leinwände er gleichfalls vorsätzlich durchsäbelte. Und wie hätte, 40 000 Jahre vor ihm, der steinzeitliche Meister vom Hohlenstein-Stadel seinem berühmten "Löwenmenschen" Form geben sollen, wenn nicht durch Stichel und Klingen? Wer in der Bildnerei Naturstoffe wie Holz, Speckstein oder Elfenbein zu schätzen weiß, schätzt auch die fragilen Schöpfungen der Bildschnitzer à la Tilman Riemenschneider. Hierzulande liebten die Menschen vornehmlich der Klassik und Romantik papierene Porträts in Form von schlagschattenschwarzen Scherenschnitten - eine Fertigkeit, die den sublimen Gebilden Lotte Reinigers im vorigen Jahrhundert in die Lichtspielhäuser verhalf. Von hier aus schnurstracks weiter gedacht, leuchtet vielleicht vollends ein, dass es der Filmschnitt als entscheidende Leistung der Kinematografie - neben Drehbuch, Regie und Schauspielerei - zu Oscar-Würden brachte. Und im Internet zeigt der "Knife-Blog" Objekte, von denen das eine oder andere als Kunst-Stück durchgeht.