In seinen Romanen, Erzählungen und Theaterstücken will er möglichst viel gesellschaftliche Wirklichkeit spürbar werden lassen. Zugleich aber sind dem Schweizer Schriftsteller Urs Widmer utopische Qualitäten wichtig: "Man muss daran erinnern, dass die Welt einmal schön war." Der Autor, der heute vor 75 Jahren in Basel geboren wurde, wuchs in einer bildungsbürgerlichen Familie mit literarischem Umfeld auf. Sein als Gymnasiallehrer, Literaturkritiker und Übersetzer tätiger Vater vererbte ihm "die Liebe zu den sogenannt unanständigen Wörtern". Nach einem Studium der Germanistik, Romanistik und Geschichte mit anschließender Promotion über die deutsche Nachkriegsprosa arbeitete Widmer zunächst als Lektor in Frankfurt, unter anderem beim Suhrkamp Verlag. Sein Debüt als Schriftsteller gab der Mitbegründer des Verlags der Autoren 1969 mit der Erzählung "Alois". Besonderen Erfolg hatte sein im Jahr 2000 erschienener Roman "Der Geliebte der Mutter", in dem eine Frau ihr ganzes Leben auf die Liebe zu einem Dirigenten ausrichtet, der nichts für sie empfindet; am Ende begeht sie Selbstmord. Diesem kleinen Meisterwerk ließ der Autor, der seit 1984 wieder in der Schweiz lebt und mit einer Psychoanalytikerin verheiratet ist, zwei weitere pseudo-autobiografische Bücher über seinen Vater ("Das Buch des Vaters") und sich selbst ("Ein Leben als Zwerg") folgen. Unter den zahlreichen Theaterstücken Urs Widmers ragen die 1996 uraufgeführten - und drei Jahre später auch am Theater Hof inszenierten - "Top Dogs" heraus. Die Sozialsatire handelt von Managern, die unter ihrer Entlassung leiden. Der Witz dabei ist, dass sie wirtschaftlichen Strukturen zum Opfer fallen, die sie selbst geschaffen haben. Widmer erhielt zahlreiche Auszeichnungen, darunter den Brecht-Preis der Stadt Augsburg und den Großen Literaturpreis der Bayerischen Akademie der Schönen Künste.