In einem Interview des Spiegel rühmte er sich soeben, "der meistangeklagte noch lebende deutsche Verleger zu sein". Zwar musste der Berliner Klaus Wagenbach, der am Sonntag 80 Jahre alt wird, nie ins Gefängnis, aber Prozesskosten und Geldstrafen hätten ihn in den 70er-Jahren beinahe ruiniert. Seine Karriere in der Buchbranche hatte er mit einer Lehre in den Verlagen Suhrkamp und S. Fischer begonnen. Nach dem Studium, das er mit einer Doktorarbeit über Kafka abschloss, arbeitete er als Lektor, ehe er 1964 in Berlin sein eigenes Unternehmen, den Wagenbach-Verlag, gründete. Sein Ziel war die Veröffentlichung politischer und literarischer Titel, die etwas bewirken und nach Möglichkeit die Gesellschaft verändern sollten. Rasch profilierte sich Klaus Wagenbach als wichtige Figur der APO und der Studentenbewegung. Er sei "ein Linker" geworden, sagte er in dem erwähnten Interview, weil er eine Stinkwut auf den Fehlstart des Staates Bundesrepublik hatte. In mehreren Strafprozessen - unter anderem wegen Veröffentlichung des RAF-Manifests - wurde er von dem damaligen Berliner Anwalt und späteren deutschen Innenminister Otto Schily verteidigt. Wagenbach war der Erste, der Bücher von Wolf Biermann druckte - die DDR-Obrigkeit erteilte ihm deshalb ein Ein- und Durchreise-Verbot -, doch zum Programm des Verlags gehört auch Literatur über die Toskana, des Verlegers Ferienregion. Der "unverbesserliche Anarchist", der 1976 Trauerredner am Grab von Ulrike Meinhof war, erhielt nicht nur eine Honorarprofessur für Neuere deutsche Literatur an der Freien Universität Berlin, sondern im Jahr 2001 auch das Bundesverdienstkreuz 1. Klasse. Zu jener Zeit übergab er die Leitung des Wagenbach-Verlags an seine Frau Susanne Schüssler; er selbst ist wieder, wie früher, als Lektor tätig