„Die Scala ist im Delirium“ titelt eine Mailänder Zeitung 1954. Diese Wirkung hat Maria Callas, „die Göttliche“, auf dem Höhepunkt ihrer Karriere auf ihr Publikum. Ihre erste Gesangslehrerin, 1937 in Athen, hatte das etwas anders gesehen. „Einfach lächerlich, dass so ein Mädchen Sängerin werden will“, hatte sie die dicke, Brille tragende Vierzehnjährige abgeurteilt. Doch Maria Anna Cecilia Sofia Kalogeropoulos, die am 2. Dezember 1923 in New York geboren ist, lässt sich nicht entmutigen. Schon 1940 steht sie in einer Operette erstmals auf der Bühne, ihr erster großer Erfolg wird 1947 Ponchiellis „La Gioconda“ in der Arena di Verona. Damals lernt sie den Ziegeleibesitzer Giovanni Battista Meneghini kennen, den sie 1949 heiratet, der ihre Karriere fördert und den sie später für Aristoteles Onassis verlässt. Der internationale Durchbruch für „la Primadonna assoluta“ kommt 1951 in Mexiko: Als Aida beeindruckt sie, in dem sie die Siegerszene – entgegen der Partitur – mit einem lupenreinen hohen Es beschließt. Dazu muss sie gegen Orchester, Chor und Sänger ansingen – und sie tut es triumphierend. Zum ersten Mal „dreht das Publikum durch“. Ihre berühmtesten Partien sind fortan die Medea, die Constanze und die Violetta – eine Interpretation, von der Elisabeth Schwarzkopf sagt, sie werde sie nie mehr singen, da sie von der Callas „so vollkommen dargeboten wird“. Und natürlich die Norma; sie ist Marias Schicksalspartie: „Norma ist in vieler Hinsicht wie ich, sie erscheint vielleicht stark, manchmal sogar grausam, aber in Wirklichkeit ist sie ein Lamm, das wie ein Löwe brüllt.“ Dieses „Löwengebrüll“ muss Marias Umwelt oft ertragen. Neben der Radikalität, mit der sie in ihren Rollen aufgeht, der kompromisslosen Leidensfähigkeit, die sie immer investiert (sie hungert sich radikal auch mehr als 30 Kilo ab), ist sie berüchtigt für spektakuläre Absagen und Kollegenschelte. Andererseits hat sie, die für Leonard Bernstein „die größte Sängerin der Welt“ ist, auch einen besonderen Verdienst: Sie holt die Opern von Donizetti, Bellini und Rossini auf die Bühne zurück. „Maria Callas hat den Belcanto wieder erweckt“, sagt Cecilia Bartoli, und Montserrat Caballé lobt: „Sie öffnete ein neues Tor für uns, für alle Sänger weltweit.“ Maria Callas stirbt am 16. September 1977 einsam in Paris.