Er schreibe, urteilte ein prominenter Kritiker, mit den besten Absichten die schlechtesten Stücke und erziele gerade damit die heftigsten Wirkungen. Tatsächlich verursachte der Schriftsteller Rolf Hochhuth, der heute vor 80 Jahren in Eschwege geboren wurde und seit langem in Riehen bei Basel lebt, einen der nachhaltigsten Theaterskandale der Nachkriegszeit in Deutschland: Sein 1963 in Berlin uraufgeführter Bühnenerstling "Der Stellvertreter" handelte von einer möglichen Mitschuld des Vatikans an der Vernichtung der Juden. Noch 25 Jahre später löste eine Münchner Neuinszenierung des "christlichen Trauerspiels" heftige Proteste von kirchlicher Seite aus. Auch andere Dramen des "radikalen Moralisten", der wiederholt versuchte, mit Offenen Briefen Einfluss auf die Politik zu nehmen, sorgten für aufgeregte öffentliche Diskussionen, so die sozialkritische Komödie "Die Hebamme" (1971) und das Schauspiel "Die Juristen" (1979) über die NS-Vergangenheit des damaligen baden-württembergischen Ministerpräsidenten Hans Filbinger. Alle Texte des unter anderem mit dem Lessing-Preis und dem Geschwister-Scholl-Preis ausgezeichneten Autors basierten auf dokumentarischem Material und gründlichen Recherchen. Nachdem mehrfach versucht worden war, Aufführungen seiner Dramen zu verhindern, trat 1993 kurioserweise er selbst als Kläger gegen eine Hochhuth-Premiere auf: Der Berliner Inszenierung seines Dramas "Wessis in Weimar" über die wirtschaftlichen und politischen Folgen der deutschen Einheit warf er - allerdings vergeblich - einen unzulässigen Mangel an Werktreue vor. 2004 erregte Hochhuth noch einmal Aufsehen mit einem Theaterstück: In "McKinsey kommt" beklagte er den Verlust sozialer Gerechtigkeit und menschlicher Solidarität; die zentrale These lautete, der Staat sei so sehr ins wirtschaftliche Getriebe verflochten, dass wir uns vor einer Wirtschaftsdiktatur fürchten müssen.