Kunst und Kultur "So wird es den Watzmann nie wieder geben"

Von Richard Ryba

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Die "Watzmann"-Abschiedstour erreicht am 4. Dezember Hof. Letztmals spielen Wolfgang Ambros, Joesi Prokopetz, Klaus Eberhartinger und Christoph Fälbl mit Tänzern und Band das Austria-Alpen-Rock-Musical mit der derben Geschichte vom "Buam", der "aufi muass", weil ihn der Watzmann gerufen hat. Joesi Prokopetz hat das Stück in den 70er-Jahren in Wien mitgeschrieben und spielt seit Beginn der 80er-Jahre die Knecht/Bauer-Doppelrolle.

Herr Prokopetz, fassen Sie doch für diejenigen, die den "Watzmann" nicht kennen sollten, kurz zusammen: Worum geht's?

Um den ewigen Kampf zwischen Mensch und Berg, aus der Luis-Trenker-Tradition heraus. Es ist auch eine Metapher für den Generationenkonflikt: Der Junge will hinaus oder hinauf, der Vater ist dagegen. Durch den Eingriff eines ausg'schamten Weibsbilds mit nymphomanen Zügen ...

... die Gailtalerin ...

Ja, durch ihren Eingriff setzt sich der Bua durch, scheitert, stürzt und stirbt, worauf der Vater wahnsinnig wird. "Aufi" sind seine letzten Worte.


Ein Video aus der SEMMEL Concerts Mediathek.

Nach Teil eins der Tournee Anfang des Jahres und einer Sommerpause hat der Schlussspurt begonnen. Ich nehme an, proben mussten Sie da nicht mehr?

Für die Wiederaufnahme jetzt im Herbst nicht mehr, nein, nein. Nur die Tanz-Choreografie musste geprobt werden. Aber die geht mich ja Gott sei Dank nichts an - obwohl Tanz mein Leben ist (lacht).

Alle Akteure fit und an Bord?

Alles dabei. Weil es eben die letzte Tournee ist und es in dieser Besetzung nie mehr stattfinden wird. In Zukunft müssen das Stück andere Menschen spielen, wenn sie das wollen, und wenn es wen gibt, der es sehen will. Was ich vermute, ja hoffe - allein der Tantiemen wegen.

Sie machen es definitiv nicht mehr?

Ich nicht mehr, der Wolfgang nicht mehr, der Eberhartinger nicht mehr, der Fälbl auch nicht mehr. Es gibt Tendenzen, dass jemand in München eine völlige Neufassung inszenieren will. Und da hätte dieser jemand - i waß wirklich net, wer des is - für mich eine Rolle drinnen. Das wäre okay. Aber unter der Prämisse wie jetzt: Nein, so wird es den "Watzmann" nie mehr geben. Denn: Das ist für alle schon etwas anstrengend, so lange auf Tournee zu gehen, so derartig mobil sein zu müssen.

Zu anstrengend für Sie mit Ihren mittlerweile 64 Jahren?

Schau'n Sie: I bin - toi, toi, toi - in bester Verfassung, wie mir immer wieder versichert wird. Man ist nicht von einem Tag auf den anderen alt. Das kommt schleichend, das kommt so hinterrucks, wia ma so sogt. Des schleicht sich an, immer a bissi mehr, und so merkt man es nicht ad hoc. Aber irgendwann kommt ma drauf: Da schau her, des geht net, da duat's ma weh. Und dann verdichtet sich die Abneigung gegen junge Menschen.

Wieso das?

Weil denen nix weh tut. Weil sie noch mehr vor sich als hinter sich haben. Bei mir ist es ja aller Erwartung nach eher umgekehrt. Da ändert sich der Blick auf das Leben.

Wolfgang Ambros, Sänger und Komponist des "Watzmann" und so wie Sie 64 Jahre alt, wirkte zuletzt etwas angeschlagen. Wie geht es ihm denn?

Gut. Und wenn er singt, dann ist er sowieso der Alte - respektive der Junge.

Sobald er auf der Bühne steht...

...und singt: Das ist das Bühnenadrenalin. Da tut einem plötzlich nichts mehr weh.

Wie ist die Tour bisher gelaufen? Volle Hallen?

Ja, ja. Alles voll. Ich glaube es spielt auch eine Rolle, weil die Watzmann-Tournee endgültig die letzte ist. Wir werden aber am Ende nicht hämisch feixend sagen, dass es noch einmal eine Tour gibt.

Endgültig.

Ja. Wenn man sieht, wie wir auf den Bühnen-Berg kraxeln: Das ist optisch schon annehmbar, auch wenn das Alpine verulkt wird. Es ist ja eine Satire, eine Komödie, ein Spaß. Für den Wolfgang und mich war fix: Wir wollen nicht, dass die Leute sagen: "Naja, des hätt's jetzt auch nimmer mehr braucht." Wir wollen lieber, dass sie sagen: "Eh schad, dass es vorbei ist." Ich glaube, mit so einem Kultstück muss man rechtzeitig abtreten und ein wenig Wehmut hinterlassen, eine Knappheit, eine Lücke, damit sich viele Leute denken: "Wär es doch weiter gegangen!" Den Wunsch darf man dann aber nicht befriedigen. Da muss man hart bleiben. Und das haben wir auch vor.

Sitzen im Publikum nur ältere oder auch jüngere Leute?

Interessanterweise ist es generationenübergreifend. Es gab da so ein "Meet and Greet", wie die Unsitte heißt. Da waren Eltern, Großeltern und Kinder mit dabei. Es sind sehr viele ältere Leute im Publikum, das ist schon klar. Aber nicht ausschließlich. Ein Drittel ist durchaus 50 minus.

Haben Sie eine Lieblingszene im Stück?

Goar keine. Nein. Die allerletzte vielleicht (lacht). Einen dramatischen Abgang. Und dann kann ich mich umziehen gehen.

Was überwiegt: Wehmut, dass es bald aus ist, oder Freude, dass Sie es geschafft haben?

Wieso Freude, es geschafft zu haben? Es ist ja keine Strafe, keine Drangsal, das Stück zu spielen. Man spielt einfach. Wenn dann die Leute stehend Beifall spenden, freut man sich natürlich. Sogar in Österreich, wo man ganz selten Standing Ovations bekommt, sind die Leute applaudierend aufgestanden.

Österreich - schwieriges Pflaster?

Die Österreicher sind ja faule Hunde. Manche bleiben mit Fleiß sitzen, wenn sie sehen, dass andere aufstehen, um zu applaudieren. "So guat woas a wieda net" - das ist so typisch.

Wenn mal nicht "Watzmann" auf dem Plan steht: Was machen Sie sonst?

Ich bin Solo-Kabarettist, seit Jahren Einzelkämpfer. Zurzeit spiele ich das Programm "Giraffen können nicht husten". Nächstes Jahr gehe ich in Rente. Dann beginne ich mit dem Programm "Vollpension", mit einem Pianisten und alten Liedern wie "Codo" - ein Blick zurück nach vorn.

Jetzt einmal zurück in die Berge: Wann ist die ultimativ letzte Watzmann-Aufführung?

Letzte Vorstellung ist in Wien, in der großen Stadthalle am 15. Dezember. Da wird dann der Löffel ...

.... der große, hölzerne Suppenlöffel des Bauern ...

Ja, der wird wieder vergraben.

Und nicht mehr ausgegraben?

Nein. Nicht von uns.