Frühe Triumphe: Als der berühmte Dirigent Leopold Stokowski den jungen José Serebrier zum Assistenten bei seinem American Symphony Orchestra in New York bestimmte, rühmte er den gerade mal 22-jährigen Kollegen als „fähigsten Fachmann für orchestrale Klangbalance“. Und als der Komponist Alexander Glasunow dreißig Jahre zählte, durfte er sich schon einen Klassiker der russischen Musik nennen: Fünf ausgewachsene Symphonien (von später acht nebst einer unvollendeten neunten) bildeten damals, 1895, den Kern seines bereits reichen, weiter im Wachsen begriffenen Œuvres. Mithin trifft Koryphäe auf Meisterkomponist, wenn Serebrier den Plan verfolgt, alle Symphonien und dazu eine Reihe seiner Tondichtungen einzuspielen. Bei Warner erschien zuletzt die Sechste von 1897 – und trug dem Unternehmen eine Grammy-Nominierung ein. Drängend und dramatisch setzt Serebrier sie mit dem Scottish National Orchestra in Klänge um, die er zwischenzeitlich melodiös abdämpft. Vor allem aber imponieren, bei vielfältiger Differenzierung, Schub und Wucht , die der – 1938 in Uruguay als Sohn russisch-polnischer Eltern – geborene Dirigent auch auf die Beiwerke überträgt. So brandet „La mer“ (opus 28) als Seestück mit angemessener Urkraft gegen den Hörer und ersäuft ihn doch nicht. Michael Thumser