In dem Film „American Pie“, der am Dreikönigstag des Jahres 2000 in deutschen Kinos anlief – und außerordentlich erfolgreich war –, schließen vier Highschool-Boys eine Wette ab: Bis zum Abschlussball wollen sie ihre Unschuld verloren haben. Die Nummernrevue kalkulierter Geschmacklosigkeiten weist auch einem Buch eine wichtige Rolle zu, einer sogenannten Bibel, in der Erfahrungen, Tipps und Eindrücke in Sachen Liebe und Sexualität versammelt sind. Das Buch wird an der Highschool alljährlich an einen ausgewählten „würdigen“ Schüler weitergegeben, von dem erwartet wird, dass er es durch einen eigenen Beitrag bereichert. Jetzt ist die fiktive „Pie Bible“ aus der zotigen US-Klamotte Wirklichkeit geworden: Das Künstler-Duo M + M (Marc Weis und Martin De Mattia) bat 57 Kolleginnen und Kollegen, persönliche Erlebnisse oder Fantasien zu offenbaren, die in die geheimen Bereiche sinnlicher Lust oder erotischer Abgründe führen. Dabei sollten sie möglichst unmittelbar und direkt an das Thema herangehen, ähnlich wie in einem Brief an einen vertrauten Freund. Unter den veröffentlichten Beiträgen – jeder ein kleines, individuell gestaltetes Kunstwerk – sind Zeichnungen und Fotos, Texte (teils deutsch, teils englisch) und Collagen. Naturgemäß ist manches „unanständig“ – eine unheilige Schrift, aber witzig ist sie auch. Einer der Künstler steuert den folgenden Stoßseufzer bei: „Wenn ich etwas zu sagen hätte, dann würde es überhaupt keinen Sex geben. Die Welt würde viel besser sein.“ Möglich. Aber es würde ihr doch etwas fehlen – etwas, das der Schriftsteller John Updike einmal „das Bonbon“ genannt hat. Die „Pie Bible“, etwa 400 Seiten stark, im Flexeinband mit Lederimitatbezug, kostet 39 Euro. Sie ist erschienen im Verlag für moderne Kunst Nürnberg und wurde vom Kunstfonds e.V. Bonn teilfinanziert.