Prosaischer hätte man das Jubiläum nicht begehen können: Heute vor 175 Jahren dampfte der "Adler" als erste deutsche Eisenbahn von Nürnberg nach Fürth - und in Schwaben hacken Befürworter und Gegner des Milliarden-Bahnhofs "Stuttgart 21" aufeinander ein. Schon früher befürchteten Skeptiker, die Bahn könne arg nüchterne Zeiten mit sich bringen: Die Lokomotive, das "schnaubende Ungeheuer", werde dem Reisen unvermeidlich die Poesie austreiben. Wirklich gehören Schienenstränge, Schotterdämme, höllischer Rauch zu den Symptomen jener Industriellen Revolution, mit der um die Mitte des 19. Jahrhunderts die planmäßige Zerstörung der Natur begann. Gleichwohl spornte das Dampfross auch den Pegasus, das Flügelross der Dichter, an: Auch die Poesie ließ sich auf den Zug als Zug der Zeit thematisch ein. Davon zeugt das Bändchen "Bitte einsteigen!", für das Wolfgang Minaty "die schönsten Eisenbahn-Gedichte" sammelte (dtv Nr. 13922, 144 Seiten, kartoniert, 7,90 Euro). In Distichen bahnte Achim von Arnim dem "eisernen Willen" die "eiserne Spur" über "eiserne Brücken". Ebenso machten sich Friedrich Rückert oder Georg Herwegh romantisch reimend auf "die Eilfahrt" mit dem lärmenden "Feuerwagen": "Der Freiheit eine Gasse!" Später bedauerte Joachim Ringelnatz die randständige Pflanzenwelt "zwischen Bahngeleisen", namentlich den "armen Sauerampfer", denn der "sah Eisenbahn um Eisenbahn, / Sah niemals einen Dampfer". Symbolisch gar, mit einem "Eisenbahngleichnis", redet Erich Kästner ein wie immer ironisches Wort mit: "Wir fahren alle im gleichen Zug / und reisen quer durch die Zeit [...] / Und keiner weiß wie weit." Moderne Dichter - die Damen Kirsch und Wohmann, die Herren Fried und Rühmkorf darunter - äußern sich eingehend unter anderem zum Thema "Speisen und Reisen", scheinen sich aber gelegentlich in die zahmeren Ur-Zeit vor dem Eisenbahnbau zurückzusehen - so Günter Eich: "Wenn kein Zug rollt, / bleibt die Welt leise."