20 Jahre Mauerfall - das ist nicht nur ein Thema für die bildende Kunst (siehe die Ausstellung "Gegenüber", die im Bürgerzentrum Münchberg stattfindet); auch Schriftsteller aus Ost und West beschäftigen sich mit der deutsch-deutschen Grenze und deren später Überwindung. "Grenzübergänge" heißt ein im S.-Fischer-Verlag erschienener Band (282 Seiten, 19,95 Euro), herausgegeben von der 1970 in Ost-Berlin geborenen, jedoch schon seit 1978 im Westen lebenden Autorin Julia Franck, die vor zwei Jahren für ihren Roman "Die Mittagsfrau" den Deutschen Buchpreis erhielt. Sie habe, erklärt sie im Vorwort, Kolleginnen und Kollegen eingeladen, "über sich selbst und das andere Deutschland, die Trennung zwischen Hier und Dort, zwischen Ich und Ihr, Du und Wir zu schreiben". Nicht alle freilich brachten eigens für diese Anthologie einschlägige Erinnerungen zu Papier: Von Günter Grass wurden zwei Kapitel aus dem Buch "Mein Jahrhundert" übernommen, von Thomas Brussig ein Beitrag aus dem Roman "Helden wie wir", von Ingo Schulze eine Geschichte aus dem Erzählungsband "Handy". Insgesamt sind 24 Autoren - von Marcel Beyer bis Roger Willemsen - teils mit Atmosphärischem, teils mit politisch Analysierendem vertreten. Den wohl spannendsten Text verfasste eine Frau, die aus Kroatien stammt und mit zehn Jahren, noch vor dem Mauerfall, nach Deutschland kam: Unter dem Titel "Weder am Morgen noch in der Nacht" schreibt Maria Bodrozic über Grenzsoldaten, die das Sterben zuerst an sich selber üben: "Dann ist es einfach, im Grunde ein Spiel, ein schlichtes einfaches Spiel, einen anderen zu töten." Alle Beiträge zusammen taugen dazu, wie Julia Franck meint, die Grenze erfahrbar zu machen: "Ihre Überwindung wie ihre Öffnung liegt im Erzählen."