Mit seinem Tourmotto „All the hits, all night long“ verspricht der charismatische Soulbarde und begnadete Entertainer aus Alabama nicht zuviel. Gute zwei Stunden rockt er in der Nürnberger Arena und lässt dabei nicht viele seiner Allzeithits aus – alle zu performen, wäre aus zeitlichen Gründen absolut unmöglich.

Und keiner in der gut besuchten Arena vermisst einen der fehlenden Hits so wirklich. Schließlich brennt Richie ein Dauerfeuerwerk aus mehr als 40jähriger Bühnengeschichte ab. Da durften alte Commodores-Klassiker natürlich nicht fehlen. Aber auch neueres Material findet den Weg durch Richies Kehle, die immer noch imposante Klangbilder zeichnet. Wo andere Megastars mit zunehmendem Alter stimmlich doch merklich abbauen – da scheint sich das Klangvolumen seiner samtweichen und peppigen Stimme rein gar nicht zu verändern. Das ist aber nur ein Nebeneffekt an einem auf der einen Seite klar durchgeplanten, auf der anderen Seite immer wieder von Richies Spontanität geprägten Abend.

In Nürnberg – er liebt es, den Namen der Norisstadt ungezählte Male in dem ihm eigenen Slang zu erwähnen – gehen selbst die sonst so reserviert auftretenden Franken durch die Decke. Spätestens als er den Commodores-Klassiker „Brickhouse“ schon recht früh in seinem Setup präsentiert, sind die Sitzplätze nur noch Makulatur und die Halle steht. Und tanzt. Wie auch Richie, dessen Hüftschwung im Laufe der Jahre nichts an Eleganz verloren hat. Und da sind da noch die sanften Momente. Die, in denen er „Easy“, „Stuck on you“, „Hello“ und Co. – zeitweise selbst am Flügel sitzend – singt. Die Halle schmachtet. Wohl kaum einer, der nicht irgendeine Frau (oder einen Mann) in seinen Gedanken wiederfand, mit der (dem) er (sie) die ein oder andere schönere Stunde im Leben verbrachte – auch das ist Lionel Richie. Auch wenn er lieber der gemütliche Partybär ist.

Dann, wenn er, begleitet von einer grandiosen Fünf-Mann-Band - seine Uptempo-Nummern anstimmt, ob funkig angehaucht aus den 70er- und 80er-Jahren oder dann zu späterer Schaffensphase im Soulpop-Bereich angesiedelt. Lionel Richie ist angekommen. Und im Reinen mit sich und der Welt. Ab und an kommt der politsche Mahner durch. Mit einer Krönung am Ende, die als I-Tüpfelchen nicht schöner sein könnte. „We are the World“ – legendäre Hymne von "USA for africa" – auf den Monat genau vor 30 Jahren schrieb er diesen Song zusammen mit Michael Jackson. Ein herrliches Ende eines einmal mehr am Rande der Genialität wandelnden Abends mit einem bestens gelaunten Conferencier auf der Bühne.