Ein Jammer, dass sie sich nicht kriegen; wo sie doch stimmlich geradezu perfekt zusammenpassen. Bei drei Wiener Konzerten 2008 schnitt die Deutsche Grammophon Vincenzo Bellinis selten aufgeführte Romeo-und-Julia-Oper "I Capuleti e i Montecchi" mit, um sie als Gesamtaufnahme unters Belcanto-vernarrte Volk zu bringen. Dabei muss man das Genre noch nicht einmal sehr lieben, das sich beinah nur dem vokalen Wohllaut verpflichtet sah und die Figurendramaturgie für eine nachrangige Tugend hielt. In dieser Aufnahme jedenfalls, für die Fabio Luisi die Wiener Symphoniker leitet, verströmen sich zwei seelenverwandte Gefühlssphären in Stimmen, die nicht nur in allen Farbnuancen wunderbar klingen, sondern einander im Innersten gewahr werden. Keine Geringeren als Anna Netrebko und Elina Garanca leihen der jugendlichen Veroneserin und ihrem unmündigen Galan ihre reifen Sopranregister - zwei Traumfrauen der Musikbühne, die ein Liebespaar von bewegender Einmütigkeit ergeben, empfindungsvoll, nicht tränenselig, in jedem gemeinsamen Moment dabei, sich gegenseitig zu ergreifen. Wer hier zuhört, mag's nicht mehr anders haben: ein Jammer, dass den Romeo auf dem Theater sonst immer Männer spielen. Michael Thumser