KZ-Todesmarsch Die Mahnung der getöteten Frauen

Werner Bußler
Bürgermeister Stefan Pöhlmann bei seiner Ansprache am Mahnmal. Foto: /Bußler

Helmbrechts gedenkt zum Jahrestag des Todesmarschs nach Volary. Der aktuelle Bezug liegt auf der Hand.

 
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Am 13. April 1945 schickten Schergen des NS-Regimes 1173 Insassen des in Helmbrechts betriebenen Außenlager des KZ Flossenbürg auf einen Marsch, der sie, sofern sie überlebten, nach Volary führen sollte. Mit dieser Maßnahme wollten sie gegenüber den nahenden amerikanischen Truppen Beweise für die in den Lagern verübten Verbrechen vertuschen. Ein Großteil der im KZ Gefangenen waren Frauen jüdischen Glaubens, welche die Aufseher besonders brutal behandelten. Viele von ihnen waren von den Anstrengungen des langen Laufens bald erschöpft, hatten keine Kraft mehr und wurden unterwegs kurzerhand hingerichtet.

Um dieses grausige Kapitel der Geschichte nicht zu vergessen und als ständig wiederkehrende Mahnung vor Hass, Gewalt, Rassismus und Terror in jedweder Form findet jeweils zum Jahrestag ein Gedenken statt, organisiert von den drei Gruppen Verein gegen das Vergessen, Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Bund der Antifaschisten, Initiative gegen Rechtsextremismus und Ausländerfeindlichkeit in enger Kooperation mit der Stadt Helmbrechts und der evangelischen Kirchengemeinde Helmbrechts.

Gerade in der jetzigen Zeit stehen Fragen im Raum, nämlich: Schweigen wir wieder, wenn Menschen verunglimpft oder angegriffen werden? Tun wir genug gegen Nationalismus, Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus? Ist es genug, an Gedenktagen an die Gräueltaten des Nationalsozialismus zu erinnern? Wie sieht unser Einsatz für Demokratie und Menschenwürde aus? Darauf sollte es eine eindeutige Antwort geben, doch man muss sich auch überlegen, wie man selbst gehandelt hätte, wäre man Bürger im Naziregime gewesen. Dies war ein Aspekt, den ein Experte ansprach, der in dieses Jahr für die Gedenkrede in der Helmbrechtser Friedhofskapelle gewonnen werden konnte. Ulrich Fritz fungiert als Leiter der Geschäftsstelle des Beauftragten der Bayerischen Staatsregierung für jüdisches Leben und gegen Antisemitismus, für Erinnerungsarbeit und geschichtliches Erbe. In seinem Vortrag ging er auf die Entwicklung der KZ-Außenlager ein und auch auf die Situation in Helmbrechts. Hier waren die Insassinnen übrigens nicht ständig im Lager, sondern mussten auch Zwangsarbeit in einer Fabrik leisten, die Kabel und Munition herstellte.

Die juristische Aufarbeitung des Geschehens begann erst spät mit der Anklage gegen Lagerleiter Alois Dörr, der bis 1969 unbehelligt in Baden-Württemberg lebte. Das Magazin Stern bezeichnete ihn in einem Artikel als „der gute Mensch von Höpfingen“.

In Helmbrechts befassten sich Heimatforscher mit diesem dunklen Zeitabschnitt. Leuten wie Walter Schlosser, Dr. Ekkehard Hübschmann, Klaus Rauh und Elfriede Schneider ist es zu verdanken, dass dank Forschungen und Recherchen dieser Teil der Stadthistorie nicht verschwiegen oder verdrängt wird, sondern ein offensiver Umgang damit erfolgt. Die Helmbrechtser haben als Zeichen der Reue für die in ihrer Stadt verübten Verbrechen den Überlebenden des Lagers die Hand zur Versöhnung gereicht und die Opfer haben diese Geste angenommen. Für Pfarrer Andreas Schmidt, der zur Gedenkstunde begrüßte, sollte es sich von selbst verstehen, dass den Nachgeborenen die Ereignisse als Mahnung dienen und sie nicht vergessen dürfen. Dies griff auch Ulrich Fritz auf, der betonte: „Das Befassen mit der Geschichte ist kein Selbstzweck, sondern dringend notwendig.“ Pfarrer Andreas Schmidt war es, der Namen der getöteten jüdischen Frauen vorlas und damit stellvertretend allen Opfern ihre Würde zurückgab.

Anschließend erfolgte eine Kranzniederlegung am Mahnmal am Friedhofseingang. Dabei sagte Bürgermeister Stefan Pöhlmann, die Realität zeige, dass man um die Errungenschaften kämpfen und das Schild der Demokratie hochhalten müsse. Er ging in diesen Zusammenhang auch auf die bald ankommenden Geflüchteten ein, die in Helmbrechts ein Quartier erhalten. Er sei davon überzeugt, dass die Bevölkerung diesen Menschen helfen wird, den Alltag leichter zu machen. Bürgerinnen und Bürger, die skeptisch den Neuankömmlingen gegenüber stehen, sollten sich in die Lage von Leuten versetzen, die wegen Gefahren für Leib und Leben ihre Heimat verlassen haben.

Hartmut Hendrich vom Verein gegen das Vergessen betonte in seiner kurzen Ansprache, man sei der historischen Verantwortung für Menschheitsverbrechen bewusst und sei verpflichtet sich jederzeit für Frieden sowie gegen Rassismus und gegen Antisemitismus einzusetzen.

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