Bei länderübergreifenden Razzien hat die Polizei am Mittwoch auch in Bayern islamistische Konvertiten und Werber für den «Heiligen Krieg» ins Visier genommen. Unter den 43 Objekten mutmaßlicher Islamisten waren Wohn- und Geschäftsräume in Coburg und Neu-Ulm, wie das baden-württembergische Landeskriminalamt in Stuttgart mitteilte.

An den Untersuchungen in Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Hessen und Nordrhein-Westfalen waren 300 Polizisten beteiligt. Sieben Islamisten - sechs Deutsche und ein Ägypter - sind dringend verdächtigt, eine kriminelle Vereinigung gebildet zu haben. Die Männer im Alter von 24 bis 59 Jahren sollen mehr als 100 Konvertiten und so genante «Re-Islamisierte» - ursprünglich gemäßigte
Muslime - in Deutschland radikalisiert haben. Die Glaubensbrüder sollten dann an eine ägyptische Koran- oder Sprachschule vermittelt werden, in deren Umfeld sie wiederum für terroristische Ausbildungslager in Afghanistan und Pakistan angeworben werden
sollten.

Wer sich in einem «Terrorcamp» ausbilden lässt, riskiert eine Freiheitsstrafe bis zu zehn Jahren. Der bloße Aufenthalt in einem
Terrorlager ist aber nicht strafbar. Drei der Hauptbeschuldigten wurden in Wiesbaden, Bonn und Ulm festgenommen. Es handelt sich um Deutsche. Die anderen vier sind im Ausland, für die Spezialisten der Ermittlungsgruppe «Transfer» momentan unerreichbar. Bei den Durchsuchungen konnte eine Vielzahl von Rechnern, Datenträgern und schriftlichen Unterlagen sichergestellt werden, die nun ausgewertet werden müssen.

Die Ermittlungen gegen die sieben führenden Köpfe dieser islamistischen Anwerbeszene laufen schon seit 2008. Doch nicht nur ihre Wohnungen wurden durchsucht. Die Polizei nahm sich auch Räumlichkeiten von 35 «Betroffenen» vor. Das sind jene Verdächtigen,
von denen man glaubt, dass sie sich an einem solchen Sprachinstitut in Ägypten aufgehalten haben könnten.

Die Polizei geht davon aus, dass einige Islamisten nach dem Ende der Terror-Ausbildung nach Deutschland zurückkehren. Andere
bleiben im Ausland, unter anderem in Afghanistan und Pakistan. Im Zuge der Ermittlungen wurde auch klar, dass die in Deutschland geworbenen Glaubensbrüder zum Teil von einer ausländischen Stiftung Stipendien erhielten, um den Aufenthalt an der ägyptischen Koranschule zu finanzieren.

Von den bei der Razzia sicher gestellten Fundstücken erhoffen sich die Ermittler weiteren Aufschluss darüber, welche Personen während ihres Aufenthalts in Ägypten Kontakt zu den Werbern knüpften und ob sich daran Aufenthalte in militärischen Ausbildungslagern anschlossen.