Deutlich mehr Menschen sind bislang in diesem Jahr in Deutschland an Keuchhusten erkrankt als im Vergleichszeitraum der Vorjahre. Bis Mitte Mai wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin rund 4500 Fälle gemeldet. 2023 waren es im EE
Besonders viele Menschen erkranken dieses Jahr in Europa an Keuchhusten. Auch in Deutschlandund in Baden-Württemberg sind die Fallzahlen hoch. Eine Expertin erklärt, womit das zusammenhängen könnte.
Deutlich mehr Menschen sind bislang in diesem Jahr in Deutschland an Keuchhusten erkrankt als im Vergleichszeitraum der Vorjahre. Bis Mitte Mai wurden dem Robert Koch-Institut (RKI) in Berlin rund 4500 Fälle gemeldet. 2023 waren es im EE
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Europaweit sind die Zahlen ebenfalls stark gestiegen. Nach Angaben des Europäischen Zentrums für die Prävention und die Kontrolle von Krankheiten (ECDC) lag die Zahl mit rund 32 000 gemeldeten Fällen in den ersten drei Monaten dieses Jahres nur knapp unter dem Ganzjahresdurchschnitt der Jahre 2012 bis 2019 (rund 38 100).
Auch in Baden-Württemberg ist Keuchhusten auf dem Vormarsch. Anders als bei anderen Kinderkrankheiten wie Masern oder Röteln ist die Entwicklung bei dieser Tröpfcheninfektion alarmierend. Das Landesgesundheitsamt (LGA) spricht angesichts von 2500 Fällen im Land von einer Epidemie.
„Das ist der höchste seit Beginn der Meldepflicht 2013 zwischen Januar und Anfang März gemessene Wert“, erläutert LGA-Abteilungsleiter Stefan Brockmann. Dagegen lagen zwischen 2016 und 2019 die Infektionszahlen im Vergleichszeitraum zwischen 700 und 1200. Im Jahr 2023 waren es nur 29 Fälle.
Bei Jugendlichen und Erwachsenen wie auch bei vielen geimpften Kindern verläuft eine Keuchhusten-Erkrankung oftmals lediglich als lang andauernder Husten. Hingegen ist der wegen nachlassender Immunität der Bevölkerung virulente Pertussis-Erreger für Säuglinge lebensbedrohlich. Sie können den Schleim nicht abhusten, was zu Atemnot und schließlich zum Ersticken führen kann.
Das Landesgesundheitsamt in Stuttgart zählt bislang 122 Fälle bei Unter-Einjährigen und 251 bei Ein- bis Vierjährigen. Der Reutlinger Kinderarzt Till Reckert empfiehlt deshalb schwangeren Frauen, sich impfen zu lassen, um den Neugeborenen einen gewissen „Nestschutz“ zu gewähren, bis sie selbst geimpft werden können. Zwei Drittel der infizierten Babys müssten im Krankenhaus behandelt werden.
Da die Keuchhusten-Impfung teilweise nur die Symptomschwere verringert und die Krankheit auch bei Geimpften nicht ganz ausgeschlossen werden kann, gilt eine Abstandsempfehlung für möglicherweise und nachweislich Infizierte, insbesondere gegenüber Neugeborenen auch für Geimpfte.
Der Kinderärztin und Epidemiologin Viktoria Schönfeld vom RKI zufolge kann die Zunahme der Keuchusten-Fälle mehrere Ursachen haben. „Es gibt natürliche Schwankungen, durch die alle drei, vier, fünf Jahre deutlich höhere Zahlen zu beobachten sind. Es kann sein, dass wir jetzt auch in so was reinrutschen.“, Laut RKI steigen die Keuchhusten-Fälle auch in anderen westlichen Ländern alle paar Jahre an.
Schönfeld zufolge hängt der Anstieg auch mit Nachholeffekten zusammen. Während der Corona-Pandemie hatten viele Menschen wegen der Infektionsschutzmaßnahmen keinen Kontakt mit dem Keuchhusten-Erreger, wie die Expertin erklärt.
Die Immunität in der Bevölkerung sei deswegen niedriger, und der Erreger könne sich besser verbreiten. Auch bei anderen Infektionskrankheiten sei das zu beobachten. Ein weiterer Grund könne sein, dass heute häufiger auf Keuchhusten getestet werde.
Die Keuchhusten-Impfung ist der Expertin zufolge wichtig. Für Neugeborene werden in Deutschland drei Impfungen im Alter von zwei, vier und elf Monaten empfohlen. „Das Problem ist, dass die Impfung nach einigen Jahren nicht mehr so gut wirkt.“ Auffrischungsimpfungen seien daher wichtig, vor allem um Säuglinge vor einer Ansteckung zu schützen. „Keuchhusten ist wahnsinnig ansteckend“, warnt Schönfeld.
In Deutschland lag die Impfquote bei Schulanfängern im Jahr 2018 nach RKI-Angaben bei etwa 93 Prozent. Bei Jugendlichen und Erwachsenen aber ist die Quote laut Schönfeld deutlich verbesserungswürdig und bei Schwangeren mit einem Anteil von etwa 40 Prozent „deutlich zu niedrig.“